Donnerstag, 19. November 2009

Washington, DC

Ja, hier bin ich jetzt, im Zentrum der Macht. Aktuell sitz ich grad im Motel und warte drauf, dass mein chinesisches Essen kommt, und fühl mich recht mutig: Immerhin hab ichs telefonisch bei jemandem geordert, der einen schweren chinesischen Akzent hatte. Bald werd ich rauskriegen, ob ich das Richtige krieg oder nicht ;)

Warum ich im Zimmer esse? Das Wetter ist nass und unfreundlich, und ich war schon neun Stunden da draußen unterwegs. Ich darf mich nicht beschweren - der 2. Regentag in zweieinhalb Wochen, das lasse ich als fantastisches Wetter für die Jahreszeit gelten. Aber zusätzlich zum Wetter fühl ich mich in Washington nicht so wohl und sicher, wie in jeder anderen Stadt in der ich bislang war. Nicht nur, weil ein Kollege Horrorgeschichten erzählt hat. Auch ich hatte schon eher unerfreuliche Begegnungen. Zudem ist das Hotel fast einen Kilometer von der U-Bahn weg, und den Weg bin ich schon vier Mal gegangen - vom öfter Gehen wirds nicht besser ;)

Und dann kommt noch dazu, dass ich mittlerweile ziemlich erledigt bin. Langsam fordert das dichte Programm und das ständige Aufstehen mit Wecker seinen Tribut. Letzteres bin ich nun wirklich nicht gewohnt, und mein Körper wehrt sich jeden Morgen etwas mehr. Darum hab ich beschlossen, morgen kein volles Programm mehr durchzuziehen, sondern es ruhig angehen zu lassen und den Abend im Vergnügungspark zu verbringen, der ja leider am Montag nicht offen hatte. Das bedeutet zwar, dass ich einen Umweg von ca. 100 Meilen fahre, aber dafür ist die Übernachtung sehr günstig, und ich liebe Vergnügungsparks :)

Washington ist eine Stadt, die mir nicht so zusagt. Zwar sind die Museun zum guten Teil ohne Eintrittsgebühr zugänglich, was ich wirklich toll finde. Und auch die Fahrt aufs Washington-Monument (der Obelisk) ist zu meinem Erstaunen gratis. Aber dennoch ist mir die Stadt irgendwie wenig sympathisch. Es könnte an den vielen Restriktionen liegen, hier darf man nicht lang, da darf man nicht hin, dies ist verboten, das ist verboten - eigentlich ist die Stadt mit Verbotsschildern zugepflastert. Und überall Polizei, Securitys, Parkranger, Menschen in Uniformen. Und wenn es nur eine Sportleruniform ist - trotz des eher bescheidenen Wetters wurde ich quasi konstant von eher übergewichtigen Läufern niedergerannt, die alle Laufschuhe, Laufhosen, Funktionsshirts und MP3-Player tragen. Am Land ist man vor solchen Plagen sicher, aber in NYC wie auch Washington, sind sie überall, auch wenn das Durchschnittsgewicht in DC sicher höher ist :D

Im Smithonian Museum of the History of America habe ich in der Cafeteria eine alte, afroamerikanische Dame getroffen. Sie sah etwas verloren aus, und ich fragte, ob ich ihr helfen kann. Ich konnte nicht, da sie nur darauf wartete, abgeholt zu werden, aber es hat sich ein nettes Gespräch entsponnen. Sie hat mir von ihrem Ehemann, ihren Kindern und Enkeln und ihrer Karriere als Lehrerin erzählt. Sie ist mit Rassentrennung aufgewachsen und hat mir da einiges erzählt (ich hab sie danach gefragt, denn wie oft kann man Geschichten von jemanden hören, der eine so wichtige Sache in der Geschichte tatsächlich erlebt hat?). Im Gegenzug fand sie es ganz toll, dass ich auf eigene Faust Reise und mein Wissen und meinen Horizont auf diese Art erweitere.

Der Tag hier war auf alle Fälle toll - ich hab viel gesehen und meine Füße mal wieder ziemlich strapaziert. Das U-Bahn-System ist zwar vorhanden, aber leider nicht an den Punkten, an denen ich es gebraucht hätte. So konnte ich nur mit der U-Bahn an einen Punkt fahren und den Rest der Strecke gehen. Entlang meiner ausgewählten Sehenswürdigkeiten gabs keine Stationen, und als ich am Ende angelangt war, musste ich noch mal 10 Minuten gehen, um dann eine - wenn auch lange - Station zu fahren und noch mal einen Kilometer zu marschieren. Der Vorteil ist, dass man alles genießen kann, ohne ständig über eine Meute von Menschen zu stolpern, die zur nächsten U-Bahn-Station pilgern ;)

Ein paar tolle Fotos hab ich auch geschossen, trotz des bescheidenen Wetters. Damit halte ich jetzt bei fast 3500 Fotos. Also werde ich noch lange Freude haben, denn die alle durchzusehen wird einige Zeit dauern...