Montag, 28. Februar 2011

In drei Wochen...

... um die Zeit komme ich grad in New York an. Hach, was ich mich freue! Es ist zwar noch so viel zu tun, bevor ich wirklich weg kann, aber langsam verfolgt mich die Stadt wieder in meine Träume. Kann wer nachvollziehen, warum ich in meinen nächtlichen Erlebnissen so viele Bilder mache? Schöne Fotos übrigens, nur leider, leider, leider hab ich noch keinen SD-Karten-Slot, damit ich meine Traumbilder festhalten kann. Ok, wär auch etwas sehr strange ;)

Alle paar Tage mal stöber ich bei Scouting New York rein, dem Blog eines Location Scouts, der viele interessante Orte zeigt. Ja, ein paar Dinge möchte ich mir ansehen und selber knipsen. Mal sehen, was da rauskommen wird... Den Blog kann ich New York-Fans nur empfehlen, ich kann mir vorstellen, dass er auch künftig mein Fernweh ebenso befeuern wie stillen wird.

Sonntag, 27. Februar 2011

Reisebericht Memphis - 18. November 2010

Memphis war für mich absolut Pflicht, noch bevor ich wusste, was es da eigentlich alles zu bestaunen gab. Frohen Herzens hätte ich Nashville ausgelassen, aber Memphis hätte ich keinesfalls streichen wollen. Ich weiß nicht warum - irgendwie hatte die Stadt ein Plätzchen in meinem Kopf. Rückblickend kann ich auch nicht sagen, ob Memphis meine Erwartungen erfüllt hat oder nicht, denn ich hatte keinen Anspruch an die Stadt. Spannend war es auf alle Fälle, auch wenn ich mir etwas besseres Wetter gewünscht hätte. Im Sonnenlicht sieht gleich alles wesentlich hübscher aus.

Die berühmte Beale Street - das ist, wo in Memphis der Bär steppt. Schon Elvis ist hier als Teenager entlang geschlendert und hat sich von der Musik inspirieren lassen, die aus den verschiedenen Lokalen quoll. Und nicht weit von hier nahm seine Karriere dann auch den Anfang: Er ist in die Sun Studios marschiert und hat eine Platte aufgenommen - eine Sache, die heute noch gegen einen geringen Obulus möglich ist. Und wie der Zufall so wollte, hat ihn jemand gehört, der wichtig war und seine Chance ergriffen. Was daraus wurde, wissen wir alle. Die Sun Studios habe ich leider nicht geschafft (hier hat mir ein zweiter Tag wirklich dringend gefehlt), aber das Phänomen Elvis werde ich in Kürze in einem eigenen Posting bebildern und beschreiben.

Noch mal Beale Street. Ich kann mir schon vorstellen, wie hier in der Nacht alles blitzt und blinkt und bunt leuchtet, wie Musik aus den Lokalen auf die Straße quillt und die Nachtschwärmer versuchen, nicht gegen die Stahlträger zu stoßen, die die Fassade des entkernten Gebäudes links aufrecht erhalten.

Gegenüber vom Hard Rock Cafe - ebenfalls in der Beale Street - befindet sich zu Ehren des Blues-Musikers WC Handy ein Park, teilfinanziert vom zweiten Softdrink-Riesen in den USA. Das ist eine der wenigen Stellen die mir aufgefallen ist, an denen Pepsi stärker vertreten ist als der rot-weiße Marktführer. Generell gibt es in Memphis recht viel Werbung für "die Blauen".

Das ist besagter Blues-Interpret mit dem etwas unglücklichen Namen, dem der Park gewidmet ist. Wie auch in Nashville ist in Memphis Musik allgegenwärtig, vielleicht sogar noch etwas stärker, da die Stadt gleich mehrere Musikrichtungen für sich "beansprucht": Rock, Soul und Blues sollen hier ihre Geburtsstätte haben.

Passend dazu hat sich ein sehr bekannter Gitarrenhersteller mitten in der Stadt niedergelassen. Neben der Fabrik, die man gegen Eintritt im Rahmen einer Tour besichtigen kann, befindet sich hier auch der Flagshipstore. Eigentlich stand die Gitarrenerzeugung ja auch meiner Liste, musste aber leider einem Musikmuseum (what else) und dem Bürgerrechtsmuseum (siehe Beitrag zu MLK) weichen. Da ich eh nicht spielen kann, war mir das jetzt nicht so wichtig. Die bunten Bälle sind angemalte Betonkugeln, die den Vorplatz zum FedExForum abgrenzen, einer großen Veranstaltungshalle, in der auch viele Sportevents am Programm stehen.

Man macht das Beste aus dem Wetter - und Gebäude, die im Nebel nur schemenhaft erkennbar sind, gefallen mir ja auch sehr gut. Das geübte Auge erkennt, dass auch die Innenstadt von Memphis von Hotels übersät ist. Nicht erkennbar am Bild mit den Bällen ist das Westin, neben dem sich gleich ein Starbucks befindet. Eigentlich gibt es beim Kaffeeausschenker gratis Internet. Nicht so hier, da sich ja die Hotelgäste auch dran bedienen könnten, und dann das sauteure Internet ihres Beherbergungsbetriebs nicht nutzen würden - 25 $ für 24 Stunden finde ich eine absolute Frechheit, wenn ich schon für mein Zimmer einen Betrag ab 200$ aufwärts bezahle...

Direkt gegenüber von diesem überteuerten Hotel und dem Gitarrenfabrikanten befindet sich das Rock'n'Soul-Museum. Im Eintrittspreis inbegriffen ist ein Audio Guide, der auch recht notwendig ist, weil die Exponate wenig bis keine Beschreibung aufweisen. Hier abgebildet ist eine Sammlung von Mundharmonikas.

Die Präsentation in diesem Museum hat mir sehr gut gefallen. In diesem Bereich wurde dargestellt, was für einen Wert die Musik für die oft sehr hart arbeitende (Land)Bevölkerung hatte. Dazu wurden Szenen aus dem Alltagsleben mit einigen Gegenständen visualisiert, die Menschen als eine Art Scherenschnitt in schwarz-weiß dargestellt.

Neben Musik, die man im Audioguide hören konnte, gab es auch mehrere Musikboxen aus verschiedenen Perioden, die noch viel mehr Songs auf Lager hatten. Allein um sich da quer durchzuhören, müsste man mehrere Tage in dem doch eher kleinen Museum verbringen.

Detailaufnahme vom ältesten Wurlitzer. Hier kann man schön die Mechanik mit den Platten sehen. Die Beleuchtung mit den wechselnden Farben hat übrigens noch problemlos funktioniert.

Ein altes Radio. In einer Zeit der fortschreitenden Technisierung und Miniaturisierung vergessen wir ganz gerne, wie das am Anfang ausgesehen hat. Ich selber kann mich an sowas auch gar nicht erinnern, in meiner Kindheit waren die Radios und Stereoanlangen schon deutlich kleiner und stromlinienförmiger, wenngleich auch noch weit davon entfernt sich, so wie heutige Geräte, in Hand- oder Hosentasche klein zu machen. Und obwohl ich gut weiß, wie Radiotechnik funktioniert, halte ich sie doch für ein kleines Wunder, wenn ich mir vor Augen führe, wie das damals war. Und eigentlich ist es doch Teufelswerk, dass Musik unsichtbar in der Luft rumfliegt und von so einem Ding dann hörbar gemacht werden kann...

Die Plattenfirma STAX, die das Museum mitfinanziert, hat natürlich ebenfalls etwas Ausstellungsraum bekommen. Es wird gezeigt, welche Musikgrößen bei diesem Label angefangen haben - da sind einige gar klingende Namen dabei.

Eines der prominentesten Ausstellungsstücke ist das erste Piano von Ike Turner. Irgendwie kann ich mir bei dem Mann nicht helfen - das ist für mich der Wahnsinige, der Tina Turner schlug. Und man sieht, wie weit sie es ohne ihn gebracht hat...

Auch dem Thema Bürgerrechte und Musik ist eine Ecke der Ausstellung gewidmet, was mich persönlich natürlich sehr gefreut hat.

Das Herzstück der Bürgerrechtsausstellung ist wohl das Saxophon von Ben Branch. Nie gehört? Ich auch nicht. Aber Ben Branch war wohl der letzte, der mit Martin Luther King gesprochen hat, bevor dieser erschossen wurde. Branch hätte am nächsten Tag bei einer Kundgebung spielen sollen und King hat einige Wünsche geäußert. Wer hätte gedacht, dass das so endet?

Über das Bürgerrechtsmuseum habe ich ja bereits berichtet. Den Rest meines Tages in Memphis habe ich dann auf Graceland verbracht, dem Heim von Elvis. Diese überbordende Dekadenz hat sich aber ein eigenes Posting verdient.

Reisebericht Nashville - 17. November 2010

Irgendwie ist aus diesem Posting beim Schreiben weniger ein Reisebericht über Nashville geworden, sondern mehr ein Einblick in mich. Irgendwie passt das, weil in dieser Reise viel von mir steckt - so viel, dass ich den Eindruck habe, nicht komplett zurückgekommen zu sein, sondern irgendwo am Weg etwas zurückgelassen zu haben. Wer sich also mehr für die Stadt interessiert, könnte dieses Mal eventuell enttäuscht werden. Nur so als Warnung...

Eigentlich bin ich ja nicht so der Fan von Country Music. Und seit ich in den Süden gelangt war, hatte ich doch die eine oder andere Chance, mich mit dem Genre anzufreunden. Zu gut Deutsch: Im Radio war nicht mehr viel anderes zu hören (außer christlichen Sendern, und die gehen für eine Atheistin wie mich noch viel weniger). Also habe ich bei meinem Besuch in Nashville auch einen Aufenthalt in der Country Music Hall of Fame eingeplant, in der Hoffnung, das Phänomen besser zu verstehen.

Das Gebäude ist ja architektonisch nicht uninteressant, die Front erinnert an ein Klavier. Die Erhebung links soll einen Radiosender nachahmen. Man kann viel über die Amerikaner sagen, aber das oft geäußerte Vorurteil, dass es ihnen an Kultur und Wissensvermittlung mangelt, ist einfach nicht zutreffend. So liebevoll gestaltete Museen aus den unterschiedlichsten Bereichen vermisse ich in Europa schon, wir sind hier irgendwie ernster, gesetzter, angestaubter. Sehr viele der von mir besuchten Ausstellungen sind nicht nur optisch sondern auch didaktisch gut aufgemacht, und auch wenn ich nicht überall gleich viel für mich mitnehme, so würde ich mir doch wünschen, dass etwas mehr von dieser Museumskultur "in der alten Welt" Einzug hält.

Vor dem Museum ist mir dann noch diese Straßenlampe mit einem stilisierten Plektrum aufgefallen. Überhaupt ist Nashville generell sehr auf Musik eingestellt (Überraschung! *gg*). Da kann es einem an der Ampel schon mal passieren, dass Musik aus einem Kasten dringt, der am Pfosten befestigt ist. Ich gestehe, im ersten Moment war ich etwas verwirrt ob der Beschallung. Verkehrssicher ist wohl auch anders. Aber wer wird denn kritisch sein?

Also erst mal rein ins Museum und den recht happigen Eintrittspreis von 20$ löhnen. Die Gestaltung will ja auch irgendwie bezahlt werden... Wenn man den Anweisungen folgt, dann kommt man als erstes in eine Sondernausstellung zu einer kürzlich verstorbenen Country-Größe, deren Namen ich wieder vergessen habe (vermutlich, weil er mir auch vorher nichts gesagt hat), von deren Songs ich aber einige kannte. Und Musik war mir immer schon wichtiger als die Interpreten *rausred* ;) Unter anderem konnte man in dieser Ausstellung die Garderobe bewundern. Und "bewundern" ist da neben "bestaunen" oder "überwältigt werden" eines der wenigen gültigen Wörter. Wahnsinn, was für Kleider diese Country-Sache erfordert... Die Pailletten-Glitzer-Plastikstein-Industrie hätte sicher nur einen verschwindend geringen Bruchteil des Umsatzes, wenn es diese Art von Musik und Auftritten nicht gäbe.

Wie auch bei den Kollegen in Macon (und wohl jeder Hall of Fame in den USA) gibt es jährlich ein paar Inductees. Auch mit Rang und Namen kann man einige Zeit drauf warten, an diese Institution was spenden zu dürfen, das dann groß ausgestellt wird. Hier einige Dinge, das ich als recht typisch erachte: Funkelkostüme, Cowboyhut, Gitarre - damit hamma dann schon jemanden ausstaffiert.

Wie man dieser Wand sieht, die nur einen kleinen Teil der ausgestellten goldenen und platinenen Schallplatten zeigt, ist Country auch wahnsinnig erfolgreich. Nur weil bei uns die Songs über Alltagsprobleme, Ehebruch und ähnliche Schwierigkeiten wenig Anklang finden (und wir unsere eigene Volksmusik/Schlager haben), heißt das nicht, dass sie nicht grad im Süden einen Nerv treffen. Ja, sowohl die Musik selber als auch die Texte sind eher auf der simplen Seite, aber wer sagt denn, dass Musik und Kunst immer überkandidelt sein muss? Und ganz ehrlich: Wenn ich die Wahl zwischen Country und Hitparade 2011 hab, dann hör ich extrem freiwillig Country, auch wenn ich das Ganze mit der Zeit etwas repetitiv finde.

Die große Halle mit den Inductees. Sie befindet sich im runden Teil des Gebäudes, den ich auf dem obigen Bild als Radiostations-ähnlich kommentiert habe. Die Wände sind alle so gestaltet, es gibt nur einen schmalen Durchgang für die Besucher. Die Gestaltung gefällt mir mit den stilisierten Notenlinien, obwohl runde Plaketten noch schöner gewesen wären in meinen Augen. Nein, ich hab nicht versucht, das abzusingen. Aber bei Singen vom Notenblatt war ich immer schon eher schlecht.

Wieder draußen an der frischen Luft habe ich mich Dingen zugewandt, die ich besser verstehe als Country - alte Bausubstanz trifft moderne Stadt. Ich bin ja ein Fan dieser Gegensätze, ich mag Spannungsfelder. Klar gefällt es mir auch, wenn die historischen Häuser ganz unter sich bleiben können und nur Straßen und Infrastruktur zeigen, dass ich keine Zeitreise gemacht habe. Aber auch das Moderne sagt mir in vielen seiner Ausprägungen zu, wobei ich Gegenden, die nur aus Wolkenkratzern und Glasflächen bestehen, schon irgendwie seelenlos finde. To make a long story short: ich fand Downtown Nashville ganz nett.

Sowohl auf diesem Bild als auch auf dem drüber ist der Broadway zu sehen, die Straße, in der sich in Nashville das Nachtleben abspielt. Es gibt viele Lokale von denen einige auch Live-Musik anbieten. Auch wenn's auf den Bildern trüb aussieht (blame the weather!), kann ich mir schon vorstellen, wie hier die Post abgeht.

Und plötzlich kam doch die Sonne raus und hat die Fassade des Broadway und den sich dahinter erhebenden Wolkenkratzer in tolles Licht getaucht. Das Ding im Hintergrund hat von mir den Spitznamen "stunner building" erhalten, weil mich die beiden Spitzen an einen Elektroschocker (stun gun) erinnern. Irgendwie bin ich mir nicht sicher, ob ich meine Assoziationsgabe toll finden sollte oder sie gemeinsam mit meiner Benamserei langsam Anlass zur Sorge gibt...

Das Spannungsfeld zwischen Alt und Neu setzt sich in der gesamten Innenstadt fort. Das Gebäude rechts im Bild hat "Flatiron"-Qualitäten. Die Ausnutzung der Parzelle treibt ja manchmal etwas seltsame Blüten. Ich tu mir schwer dabei mir vorzustellen, wie man den Platz in der ausgeprägten Spitze nutzt (geht wirklich auf 0 zusammen, an der Kante kann man sich quasi den Finger schneiden, nicht wie in NYC, wo die schmalste Stelle immer noch über 1,5 m breit ist), aber ich geh mal davon aus, dass sich irgendwer irgendwas dabei gedacht hat. Und die Kirche ist auch hübsch. Obwohl Religiosität im Süden einen noch höheren Stellenwert hat als sonst in den USA, hat Nashville für meine Begriffe eher wenig Kirchen. "Am Land" kann es einem schon passieren, dass entlang von 2 Straßenkilometern 10, 15 religiöse Versammlungsstätten verschiedener Ausprägungen stehen...

Was ist an einer Parkuhr so besonders? In diesem Fall die Tatsache, dass es sich nicht um ein Instrument zur Standplatzobulusabgabe handelt, sondern dass Münzen, die man hier reinwirft, Obdachlosen zugute kommen. Finde ich eine nette Idee, und obwohl ich bereits am Broadway einem Obdachlosen, der sehr liebevoll mit seinem Hund umgegangen ist, ein paar Dollar zugesteckt hatte, habe ich diese Idee noch mal mit etwas Kleingeld versorgt. Wenn man durch die Außenbezirke von Nashville fährt, dann sieht man durchaus auch sehr ärmliche Gegenden. Irgendwie schockiert mich im Süden schon dieser abrupte Wechsel von blühender Innenstadt zu Beinaheverfall. Aber solche Dingen zeigen mir auch, wie absolut fantastisch es mir geht und wie glücklich ich mich schätzen darf, dass ich mir sowas ansehen kann, es mir leisten kann, wochenlang in fernen Gefilden rumzuschweifen und mir ein paar Cent für andere kein bisschen weh tun. Ja, Reisen bildet. Verstand und Charakter.

Profitipp: Bild anklicken zum Vergrößern ;) Eine meiner liebsten Ansichten, auch wenn man auf dem kleinen Bild wohl schwer erkennen kann, warum: Am Ende der Häuserschlucht, vor dem Wolkenkratzer, steht ein kleines Gebäude im Greek Revival Style, das von reflektiertem Licht gesprenkelt wird. Irgendeine Regierungssache, ganz bestimmt, schließlich ist Nashville nicht nur Hauptstadt des Country, sondern auch des Bundesstaates Tennessee.

Wir haben immer noch Mitte November (also auf dem Bild, nicht laut Kalender :p), aber es war warm, angenehm und immer noch irgendwie frühherbstlich. Für Laubfarben bin ich ja auch immer zu begeistern. Wenn ich so zurückblicke, dann habe ich das Wetter besser in Erinnerung als es streckenweise war. In meinem Kopf gab's nur zwei Regentage - Philadelphia Tag 1 und die Flut von Chattanooga. Der Rest ist in meiner Erinnerung schön. Was nicht stimmt - es war öfter mal trüb, bewölkt, sogar etwas nebelig. Geregnet hat es auch an mehr als den zwei Tagen. Aber der Kopf ist ja gnädig. Und ich hatte zum Teil auch fantastische Bedingungen mit über 20 Grad und Sonnenschein. Damit hätte ich im November eigentlich nicht gerechnet, auch nicht so weit südlich.

Multiple Spannungsfelder: alt gegen neu, Kirche (Vordergrund) gegen Staat (Hintergrund, State Capitol).

Mit viel Geschichte ging es im Tennessee State Museum weiter. Bis dahin hatte ich ja hauptsächlich Küstenstaaten bereist, und die sind wegen ihrer Lage "begünstigt", was schnelle Besiedlung anlangt. Im Landesinneren sieht die Sache aber schon wieder etwas anders aus, und das Museum hat dazu interessante Gesichtspunkte geboten. So wie diesen Wagen zum Beispiel, in dem Hab und Gut der Siedler transportiert wurde. Auf der weißen Tafel ganz rechts sind kindgerecht Gegenstände abgebildet und es wird erläutert, warum oder warum nicht diese Dinge in den Wagen gehören. Auch für mich als Erwachsene war das interessant, obwohl ich natürlich wusste, dass es unheimlich schwer gewesen sein muss, sich dieses Land zueigen zu machen. Durch die Austellung hat dieses Wissen eine neue Dimension erlangt.

Das Museum geht drei Stockwerke in die Tiefe (auch ein Novum für mich, üblicherweise bauen Museen nach oben) und zeigt eine große Bandbreite an Exponaten, Themen und Blickwinkeln. Hier sieht man Möbel aus unterschiedlichen Perioden, mit Erklärungen, wie diese gefertigt wurden, woher die Inspirationen für die Gestaltung kamen, wie sie gekennzeichnet wurden und vieles mehr. Innerhalb weniger Jahre haben es die Siedler jeweils geschafft, aus einfachen Hütten, die beim Vorstoß rasch gebaut wurden, in prachtvolle Häuser umzuziehen und sich diese entweder vor Ort ausstaffieren zu lassen oder aber auch aus den Küstenstädten oder gar Europa Einrichtungsgegenstände, Geschirr, Stoff und ähnliches zur Ausstattung zu ordern.

Vor Ort wurden Quilts gefertigt. Diese Beschäftigung für die Damen hat die unterschiedlichsten Muster hervorgebracht. Ich wäre wohl zu ungeduldig für sowas, ich würde ein paar Quadrate aneinandernähen und gut isses. Aber zum Glück haben manche Frauen die Energie und Detailliebe für sowas, denn hübscher ist es ja schon...

Vor der "Fassade" einer kleinen alten Südstaatenstadt steht dieser alte Spritzenwagen einer Feuerwehr, der damals noch von Pferden gezogen wurde. Damals, als noch viel mit Holz gebaut wurde, kam der Feuerwehr eine ganz besondere Rolle zu, denn schon ein kleines Hausfeuer konnte eine ganze Stadt vernichten, wenn ihm nicht rechtzeitig Einhalt geboten wurde. Hinter der Fassade gab es jeweils themenbezogene Ausstellungsräume - war die Front ein Waffengeschäft, so wurden Gewehre ausgestellt, war sie ein Haushaltsbedarf, sah man Silberbesteck und Geschirr. Einfach schön gemacht.

Mit dieser architektonischen Kuriosität möchte ich meinen Besuch in Nashville bildtechnisch abschließen. Das fantastische Licht, das ich kurz vor der Rückkehr zum Auto noch einfangen konnte, ist im entsprechenden Posting dokumentiert.

Für's Nightlife blieb mal wieder keine Zeit, das nächste Hotel stand in Memphis, und die Fahrt dorthin nahm einige Zeit in Anspruch. Das ist der Nachteil meiner weitschweifenden Art zu reisen, und ja, oft wünsche ich mir, länger an einem Ort bleiben zu können. Im Endeffekt überwiegt aber der Wunsch, so viel wie möglich zu sehen und ich bin ja auch zuhause keine Weggeherin, warum sollte ich es in der Fremde werden? Offen gestanden bin ich an den Abenden meist auch ziemlich erledigt. Ich erlebe tagsüber so viel, es ist ein bisschen wie konstante Gänge zu einem Buffet - ich futter mich mental durch Sehenswürdigkeiten, Museen, Stadtansichten. Es ist entspannend, einerseits, ich empfinde es nicht als Aufgabe oder Arbeit oder habe das Gefühl, meinen Plan abarbeiten zu müssen, sondern ich genieße die vielen Eindrücke. Andererseits ist es bis zu einem gewissen Grad erschöpfend, wenn auch auf positive Weise. Dennoch bleibt am Ende des Tages kein Platz mehr für das reichhaltige Dessert, das ein Zug durch Lokale und Bars darstellen würde. Verpasse ich etwas? Vermutlich. Andererseits war ich auch in den Staaten schon abends weg, und ich denke nicht, dass sich da ein Ort so gravierend vom nächsten unterschiede, dass ich große Lücken hätte. Auch wenn grad Nashville oder Memphis oder New Orleans hier sicher tolle Erlebnisse böten. Im Endeffekt ist mir der Tag wichtiger, jene Dinge, die sich auftun, wenn ich durch eine Stadt schweife und Läden, Sehenswürdigkeiten, Museen offen haben. Das ist mehr ich, das ist mehr, was mich interessiert. Deswegen bereue ich auch nicht, wie ich meine Reise gestaltet habe, sondern hoffe, dass sich irgendwann mal wieder die Gelegenheit ergibt, dann mit etwas mehr Zeit und somit der Möglichkeit für einen Abend auf einem der "Highways für Abendgestaltung".

Freitag, 25. Februar 2011

Postcard from New York

Grad auf Stern.de gefunden - ein paar Postkarten aus New York aus den letzten 100 Jahren. Dieses Bild hat die Serienliebhaberin in mir "Fringe, parallel universe" denken lassen. Irgendwie kaum vorstellbar, dass NYC von Zeppelinen überflogen werden könnte. Aber DAS wären mal tolle Fotos...

Sehenswert sind auch die anderen Bilder aus der Fotostrecke, und wie so oft wünsche ich mir, ich könnte man quasi im Zeitraffer zusehen, wie sich die Stadt entwickelt. Näher ran werde ich wohl nie kommen...

EDIT: die Stern-Leute haben zumindest sowas ähnliches auf Lager. Dieses Video zeigt tolle Bilder von der Stadt im Zeitraffer - halt nur neuzeitlich, aber wie solls denn auch anders gehen *seufz*

Dienstag, 22. Februar 2011

Reisebericht Chattanooga und Lynchburg - 16. Nov. 2010

Chattanooga - das hat so einen besonderen Klang. Keine Ahnung, woher mir der Name der Stadt und die Wendung Chattanooga Choo Choo ein Begriff ist, aber ich habe den Ort gerne auf die Liste gesetzt.

Hier ist nun die berühmte Choo Choo-Lokomotive. Der ehemalige Bahnhof aus der Hochzeit der Bahn ist heute in Hotel und Convention Center, man kann sogar in alten Eisenbahnwaggons übernachten.

Mit dem kostenlosen Shuttle kann man von der Besucherattraktion "Bahnhof" nach Downtown fahren. Beim Aussteigen an der Endstation steht man unversehens vor diesem liebevoll gestalteten Lokal. Wer es nicht erkennt: Die Vordächer sind stilisierte Coke-Kronkorken.

Eine der größten Attraktionen von Chattanooga ist das Tennessee Aquarium. Auf den Besuch dort habe ich verzichtet, nass war es auch außerhalb davon mehr als ausreichend.

Und nein, ich meine nicht diesen mäßig attraktiven Springbrunnen, sondern den Regen, der alles und jeden unter Wasser gesetzt und durchnässt hat.

Vor dem Aquarium wurde ein ehemaliges Gleisbett in eine Art Notenblatt umgewandelt. Üblicherweise gucke ich ja mehr nach oben als nach unten, aber wenn von oben stetig Wasser kommt, das vom mitgebrachten Microschirmchen abperlt, dann ist unten die bessere Blickrichtung.
Nein, die Treppe ist nicht überflutet. Der rechte Teil dieses Treppengebildes ist tatsächlich als Brunnen gestaltet, links ist für Fußgänger gedacht. Aber offen gestanden hat sich das nicht gravierend unterschieden...

Ich bin mir sicher, dass der Fluss und der naheliegende Lookout Mountain einen tollen Anblick geboten hätten - wenn nur ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken gebrochen wären. Aber aus den Wolken fiel unablässig Regen, der leicht abschüssige Uferweg glich mehr einem Bachbett als für Fußgänger begehbar.

Dieser Weg hingegen war nicht nur hübsch angelegt, sondern auch begehbar. Mit bereits literweise Wasser in Schuhen und Hose bin ich ihn raufgegangen und habe mich über die Geschichte der Stadt informiert, die hier in Infotafeln ausgestellt wurde. Danach habe ich aufgegeben, den Museumsbesuch gestrichen, bin wieder zur Shuttlehaltestelle und zurück zum Auto gefahren.

So nass war ich mein Leben noch nicht gewesen, die Jeans war fast bis zum Schritt durchnässt, die Schuhe vollkommen aufgeweicht. Zum Glück hatte ich eine gewisse Geistesgegenwart an den Tag gelegt, als ich Peter abgestellt hatte - er stand in einer Garage. Dort habe ich mir im Kofferraum trockene Sachen geschnappt und mich in der Garage umgezogen. Dann ging es weiter Richtung Nordwesten, weg von den Highways überland in ein kleines Nest - Lynchburg.

Wem kommt dieses Design bekannt vor? Wer jetzt auf Jack Daniel's Whiskey tippt, liegt richtig. Das Wetter hatte sich während der Fahrt beruhigt, weswegen ich keine Regensachen gebraucht habe, sondern die (kostenlose) Tour in einem Rock und mit Stöckelschuhen angetreten habe. Ja, das lag nun mal zuoberst in der Tasche, und ich hatte zu dem Zeitpunkt nicht weitergedacht, sondern wollte nur aus den nassen Sachen raus.

Während man auf die Führung durch die Fabrik wartete, konnte man das museumsähnliche Besucherzentrum auf der Suche nach Informationen durchforsten. Dann ging es mal zum in den USA fast schon obligaten Info-Film, danach wurde man in einen Bus verfrachtet, der einen zum am weitesten entfernten Punkt des Geländes brachte.

Die Führung war sehr interessant und hat von der Gewinnung der Holzkohle für die Filterung über die Verarbeitung der Rohstoffe und die Herstellung der nur einmal verwendeten Fässer bis hin zur Lagerung (Lagerhaus siehe oben) alles beinhaltet. Die tatsächliche Produktion durfte nicht fotografiert werden, am Freigelände konnte man aber knipsen was das Zeug hält.

Und auch da gibt es allerhand Interessantes zu entdecken, so wie dieses alte Feuerwehrauto (wer wundert sich, dass ich da nicht widerstehen konnte? *gg*).

Die Quelle, aus der Jack Daniel persönlich schon das Wasser für den Whiskey geschöpft hat. Diese Quelle, deren Wasser scheinbar besonders weich und gut ist, war auch der Grund dafür, dass die Destillerie exakt hier errichtet wurde.

Hier hatte der gute alte Jack sein Büro. Scheinbar war er zwar ein Womanzier (wenn auch nie verheiratet), hatte aber auch ein aufbrausendes Temperament. Dieses führte letztlich auch zu seinem Tode - und hier nahm das Ganze seinen Anfang: Eines Morgens wollte der 65-Jährige seinen Safe öffnen, der sich dem Willen seines Besitzers widersetzte. Wutentbrannt trat der alte Mann dagegen und brach sich eine Zehe. Da die Wunde nicht ordnungsgemäß versorgt wurde, bekam er eine Blutvergiftung, der er schließlich erlag.

Nach der Führung wurde uns noch ans Herz gelegt, das kleine Städtchen zu besuchen. Einfach nach links abbiegen, an der Ampel wieder links, und schwubbs, schon ist man am Hauptplatz. Und ich fand es dort einfach nur entzückend. Es war, als ob ich in einer Filmkulisse gelandet wäre. Fragt sich, wie die ca. 6000 Einwohner das hier sehen...

An der Kreuzung links hinten im Bild, befindet sich die einzige Ampel in ca. 30 km Umkreis. Das Lädchen, das ich links abgeschnitten hab, ist die örtliche Harley Davidsson-Vertretung - unfassbar, was für Prioritäten hier gesetzt werden. Und direkt außerhalb vom Hauptplatz stehen schon Häuser - vermutlich dürfte das die teuerste Gegend im Städtchen sein ;)

Der Hardwarestore führt hauptsächlich Werbeartikel für Jack Daniel's. Vor dem Laden kann man Schaukelstühle und Blumentröge sehen - diese werden aus den Fässern gemacht, in denen der Whiskey gereift ist. Da die Fässer jeweils nur einmal verwendet werden, gibt es natürlich jede Menge davon.
In dem Lokal am linke Ende der Häuserzeile habe ich gegessen. Wie im Film, sag ich Euch. Kichernde Mädchen um die 20 als Bedienung, ein paar grad erst der Schule entwachsene Jungs, die die Girls gehänselt haben. Alkohol konnte man dort übrigens keinen bestellen - Lynchburg liegt in einem Dry County. Das heißt, dass weder Alkohol verkauft noch öffentlich konsumiert werden darf. Die einzige Ausnahme von dieser Regel gibt es bezüglich Verkauf in der Destillerie. Man sollte sich aber nicht erwischen lassen, die Flasche gleich zu köpfen...

Ja, und da kam doch glatt noch die Sonne raus und hat die idyllische Szene mit Rathaus bestrahlt. Kaum zu fassen, dass ich nur Stunden früher komplett durchweicht wurde. Die Hose hat sich auf der Heizung im nächsten Hotel trocknen lassen, die Schuhe aber waren hinüber. Aber wenigstens habe ich mich nicht erkältet, denn Medizin in Whiskey-Form habe ich mir nicht gekauft ;)