So wirklich viel Wetterglück hatte ich zu Beginn meiner Reise nicht. Mein Microschirmchen musste mich begleiten und hat netterweise den Rahmen für dieses Bild gestellt. Ansonsten hat es sich zwar tapfer geschlagen, aber dennoch war ich ziemlich durchnässt - die Hose, die Jacke, die Tasche, das alles hat unter dem dahergepeitschten Regen gelitten. Eigentlich hatte ich schon die Befürchtung, dass ich krank werden könnte, aber zum Glück hat sich das nicht bewahrheitet. Dann und wann muss der Mensch halt auch Glück haben...
Ähnlich wie in DC haben die Straßen hier wichtige Beinamen. Philadelphia ist ja auch ein sehr essentieller Ort für die Geschichte der Vereinigten Staaten. Bevor Washington DC Haupststadt wurde, wurden die Entscheidungen hier gefällt. Die Unabhängigkeitserklärung wurde hier verfasst und unterzeichnet, ebenso wie die Verfassung. Natürlich habe ich mir das alles auch genau angesehen, denn wie oft kann man sich schon den Geburtsort einer Nation solcherart zu Gemüte führen?
Ok, die Amis haben manchmal seltsame Bauformen, aber nein, das hier gehört nicht dazu. Zwischen dem Liberty Bell Center und dem Visitor Center befindet sich diese etwas seltsame Konstruktion. Es ist eine Nachbildung des ersten Präsidentenhauses, das so unfertig stehen bleiben wird. Man kann sich - wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind - dann ansehen, wie Washington hier gewohnt hat. Mehr noch kann man sich auch einen Eindruck verschaffen, wie die Sklaven hier gelebt haben. Ich bin schon auf die Ausgrabungsfunde gespannt - vielleicht schaffe ich es ja jetzt im März.
Die berühmte Liberty Bell. Sie befindet sich in einer Art Museum und ist frei zugänglich. Im Visitor Center bekommt man ein Ticket. Eine Sicherheitskontrolle später kann man die Ausstellung zur Glocke betrachten und erfährt allerhand Wissenswertes über die Geschichte und die Bedeutung im Freiheitskampf. Ganz am Ende ist die berühmte Glocke dann ausgestellt. Sie ist wesentlich kleiner als ich erwartet hätte, irgendwie hatte ich sie mir größer vorgestellt. Aber es war trotzdem irgendwie eindrucksvoll, allein schon, weil da eben so viel Geschichte dranhängt.
Ja, das liebe Wetter hat mich verfolgt. Aus Gründen der barrierefreien Zugänglichkeit sind die Bordsteine an den meisten Übergängen stark abgesenkt - in diesem Fall so stark, dass ein kleiner See entsteht. Ich hab mich tapfer rundum gewunden, was allerdings nicht verhindert hatte, dass meine Schuhe am Ende des Tages durchnässt waren und auf der Heizung trocknen mussten.
Independence Hall - das Gebäude, in dem die Unabhängigkeitserklärung ausgestritten und unterzeichnet wurde. Wie auch die Liberty Bell ist Independence Hall gratis zugänglich, man bekommt im Visitor Center ein Ticket mit einer Zeit. Es gibt mehrere Guides, die zeitlich versetzt diese Führungen machen. Ich hatte das Glück, eine sehr lustige ältere Dame zu kriegen, die die Leute zum Teil auch aufs Glatteis geführt und die Führung zu einem richtigen Erlebnis gemacht hat. Am nächsten Tag war ich noch im Haus von Edgar Allan Poe und hab dort dieselbe Führerin bekommen. Auch da war die Führung sowohl amüsant als auch lehrreich. Beide Institutionen werden vom National Park Service betreut, die meist sehr kompetente Angestellte haben.
Sehr interessant war auch der Besuch im Franklin Court. Auf dem Grundstück, auf dem Benjamin Franklin zwei Häuser gebaut hatte, stehen heute nur noch die Umrisse und ein paar Schaukästen. Am Rande des Hofes kann man in ein unterirdisches Museum gehen, das diesem großen Amerikaner gewidmet ist. Neben einer Aufbereitung seines Lebens in Zeittafeln gibt es viele andere Attraktionen. Spannend fand ich die Wählscheibentelefone, mit denen man Nummern anwählen konnte, unter denen einem dann prominente Amerikaner mehrerer Dekaden erklärt haben, was sie über Franklin denken.
Neben einigen Habseligkeiten und Einrichtungsgegenständen ist auch diese Sänfte ausgestellt. 1776 war Franklin schon 70 Jahre alt und nicht mehr so gut zu Fuß. In diesem guten Stück wurde er von seinen Dienern zur Independence Hall getragen, damit er an den Verhandlungen teilhaben konnte.
Meine nächste Flucht vor dem nassen Wetter war ins National Liberty Museum. Unter dem Thema Freiheit - sehr passend in Philadelphia - sind ganz unterschiedliche Dinge ausgestellt. Bei den Gedenkfotos zu 9/11 habe ich wie immer geheult, bei manchen Kunstwerken habe ich mich gewundert oder musste schmunzeln. Bewegt hat mich die Geschichte einer deutschen Familie im zweiten Weltkrieg, die Juden versteckt hat. Da wurde ein Querschnitt des Hauses gezeigt, es gab Tonbandaufnahmen und man konnte sich gut vorstellen, wie schlimm das damals war. Das Herzstück der Ausstellung ist dieses Kunstwerk aus rotem Glas, das mir persönlich auch sehr gut gefallen hat. Alles in allem ein Museum, das eine ziemliche Bandbreite an Dingen herzeigt und aus dem sicher jeder was mitnehmen kann, auch wenn er's nicht mit Kunst hat.
Durch den Delaware River wird Pennsylvania von New Jersey getrennt. Der Fluss ist an dieser Stelle schon recht breit und es gibt einen Hafen, in dem unter anderem dieser Schaufelraddampfer liegt. Über die Brücke war ich einige Stunden vorher in die Stadt "eingereist", da mein Motel in New Jersey lag (irgendwie muss ich ja meine Staatenliste aufpeppen *gg*). Am Fluss lag auch das Independence Seaport Museum, das einige Dinge rund um Wasser und Seefahrt gut aufbereitet hat. Unter anderem entstand durch einen Marineingenieur das berühmte Kinderspielzeug "Slinky", die Feder, die zum Beispiel Treppen runterläuft. Neben dem Besuch des Museumsgebäudes waren im Preis auch eine Besichtigung eines U-Boot und der USS Olympia enthalten, die ganz in der Nähe vertäut liegen.
Grad das U-Boot fand ich sehr spannend. Auf normalen Schiffen war ich ja bereits schon, in einem Unterseeboot hingegen noch nicht. Es ist - erwartungsgemäß - alles sehr eng und fast etwas beklemmend. Die teilweise rote Beleuchtung hat das Ihre getan. Ich kann mir für mich nur schwer vorstellen, dass ich in so einem Ding unter der Meeresoberfläche dahinschipper und mich pudelwohl fühle, obwohl ich prinzipiell mit Physik kein Problem habe und enge Räume ebenfalls keine besonderes Herausforderung darstellen.
Die USS Olympia hingegen ist ein normales Schiff, das auch entsprechend viel Platz hat. Im Vergleich zum U-Boot fühlte sich das alles richtiggehend Ballsaal-artig an. Die Mannschaft konnte hier in Hängematten schlafen, wohingegen sie im U-Boot teilweise über den Torpedos schlummern musste. Als ich mit meinem Rundgang schon fast fertig war, kam ein seltsamer, ungepflegter älterer Mann an Bord. Erst als er gesperrte Bereiche für mich geöffnet hatte, habe ich erkannt, dass er zum Museum gehört. Wir haben uns eine Zeit lang unterhalten und ich habe einiges über das Schiff erfahren, das nicht auf den Beschreibungstafeln stand. Das habe ich durchaus genossen, muss ich zugeben, auch wenn mir der Mann erst mal unheimlich war.
Nicht nur weil mein Schiffsguide ein Vietnam-Veteran war, möchte ich das Denkmal für die Gefallenen im Vietnamkrieg herzeigen. Mir gefällt, dass auch heute noch den Soldaten von damals gedacht wird, dass immer noch Blumen gebracht werden. Vermutlich ist der November besonders prädestiniert für sowas, denn am 11.11. ist Veterans Day. Aber die Amerikaner sind ihren Soldaten generell besonders verhaftet.
Nach einem Stärkung mit einem Philly Cheese Steak (ein Sandwich - und was für eines!) bin ich beim Betsy Ross-House gelandet. Die Dame ist hierzulande eher unbekannt, für die Amerikaner aber sehr wichtig. Schließlich hat sie das Nähkränzchen geleitet, in dem die Flagge entstand, der die USA die Hymne "The Star Spangled Banner" verdanken. Die Flagge selber ist heute wieder im Smithsonian National Museum of American History zu beäugen (ja, das Museum mit der Skupltur). Leider war ich etwas zu spät dran und das Museum hatte nicht mehr offen. Ich hätte es spannend gefunden, was ich da erfahren hätte.
Als ich diese Kohlköpfe gesehen habe, musste ich schallend lachen. Die stehen einfach so rum und begrünen die Stadt. Gibt's da nichts hübscheres?
Das National Constitution Center - ein Museum, in dem es rein nur um die Verfassung geht. War recht informativ, das Tamtam mit Vorführung und überhaupt am Anfang hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht. Auch fand ich den Preis (12$) im Vergleich zu den vielen hervorragenden Gratisangeboten etwas überzogen. Aber warum sollte man ein Buch lesen, wenn man auch in ein Museum gehen kann? ;)
Chinatown. Ja, auch Philadelphia hat eine, und zwar eine recht hübsche, bunte. Hier ist das quasi obligate "Eingangstor", das jede Chinatown hatte, die ich bislang besucht habe.
Besonders gut gefallen hat mir das kleine Fotolädchen rechts "Pretty Photo". Ob die meine Bilder wirklich hübscher machen könnten als ich sie selber knipse?
Der zweite Tag hat mich dann etwas weiter nördlich vom historischen District nach Downtown gefühlt. Hier zu sehen ist das Rathaus, das sehr liebevoll gestaltet ist, dahinter ein bisschen was von der Skyline. Viel davon hat Philly nicht, aber zwei, drei Gebäude, die mir architektonisch gut gefallen, sind dabei.
Das berühmte Wahrzeichen der Stadt, der LOVE-Schriftzug. Nachdem grade jeder kann, habe ich beschlossen, ihn mal zu kippen. Wer ihn normal sehen mag, darf ihn gern ergoogeln ;) Da stand übrigens ein beleibter Schwarzer davor und ist rumgetanzt und wollte unbedingt auf meine Bilder. Irgendwann meinte ich dann mal trocken, nachdem er mich mehrfach angeredet hat "Never heard of zoom before? You're not on my pics". Da hat er's dann gut sein lassen, auch wenn ich nicht besonders liebevoll war.
Etwas, das ich aus Europa nicht kenne, und hier zum ersten mal wahrgenommen habe, ist der Freimaurertempel. Er befindet sich linker Hand vom Rathaus und ist architektonisch in meinen Augen ziemlich interessant. Auf alle Fälle fällt er ins Auge und bietet diesem einiges zum Festhalten.
Weil man sowas eher selten sieht, möchte ich noch Details herzeigen. Generell hat das Ganze was von einer Kirche, wenn auch von keiner, die mir bislang untergekommen wäre. Das Portal finde ich durchaus eindrucksvoll.
Der Turm gefällt mir grad wegen seiner Asymmetrie, das hat man bei solchen Bauten sonst nicht so oft.
Diese Statue, die sich als Fußgänger "tarnt", fand ich interessant. Sie ist vor einem Verwaltungsgebäude, links vom Freimaurertempel. Im Hintergrund ist eine der eher wenigen Kirchen zu sehen, die mir in der Stadt aufgefallen sind. Im Vergleich zu vielen anderen Städten kam mir vor, dass die Dichte an religiösen Stätten in Philadelphia eher unterdurchschnittlich ist.
Ein letzter Blick auf die Stadt vom Edgar-Allen-Poe-Haus aus. Die beiden Hochhäuser links gefallen mir in der Skyline am Besten, die haben was. Vor allem das zweite von links erinnert mich irgendwie an das Chrysler Building, auch wenn es wesentlich später erbaut wurde.
Tja, und da sind wir nun am Ende des kleinen Einblicks in meine zwei Tage in Philadelphia. Nachdem 2009 die Zeit nicht gereicht hat, war ich froh, dass die Stadt dieses Mal mein Flugziel war und ich somit quasi nicht umhin konnte, mich mit ihr auseinander zu setzen. Auch wenn sie NYC als Lieblingsstadt sicher nicht ablösen wird, habe ich vieles gefunden, das mir gefallen hat. Und bei gutem Wetter ergeben sich sicher noch einige tolle Bilder. Eventuell wird's ja was im März.