Sonntag, 20. Februar 2011

Reisebericht special - Gone with the Wind

Margaret Mitchell - wer ist das? Ich denke, den meisten Frauen zumindest ist der Name ein Begriff: Sie ist die Autorin des wohl berühmtesten Südstaaten-Epos der Welt: Vom Winde verweht. Da die Autorin in Atlanta lebte, habe ich mir die Chance nicht entgehen lassen, mich etwas näher mit dem Ganzen zu beschäftigen. (Alter beim obigen Zitat - 14)

Links vom Eingang befindet sich die Zwei-Zimmer-Wohnung, in der das Werk entstanden ist. Mitchell lebte hier mit ihrem zweiten Ehemann und hat sich über Jahre hinweg immer wieder an die Schreibmaschine gesetzt, um die Erinnerungen an die Erzählunges ihres Großvaters aufzuschreiben und in Romanform zu fassen. Besagter Großvater hatte im Bürgerkrieg gekämpft und sich sehr bemüht, das Wissen an seine Enkelin weiterzugeben. Eigentlich war Mitchell Journalistin, musste ihren Job aber wegen einer Erkrankung an Füßen und Knöcheln aufgeben. Ihr Wissen bezüglich des Schreibens hat sie also in ihrem Roman verwertet - obwohl sie nie geplant hatte, ihn zu veröffentlichen.

In der liebevoll ausgestatteten, nur mittels Führung zugänglichen Wohnung, die die begütert aufgezogene Mitchell "das Loch" nannte, war fotografieren nicht erlaubt. Im angeschlossenen kleinen Museum, das sich im Hauptraum mit dem Buch und im Nebenraum im Hof mit dem Film befasst, durfte die Kamera aber ans Werk. Unter anderem sind die Buchcover aus den unterschiedlichsten Teilen der Erde mit den verschiedensten Sprachen und Schriftzeichen ausgestellt. Zudem wird das Leben der Autorin beleuchtet, ihre Schreibmaschine ist ausgestellt, es wird auf die karitativen Werke eingegangen, die sie unterstützt hat. Immer wieder wird Mitchell aufgrund ihrer Beschreibung der Sklaven Rassismus unterstellt, tatsächlich hat sie bereits als Debütantin 1920 bei Organisationen geholfen, die sich um Schwarze gekümmert haben (damals gabs noch Segregation...).

Seiten des Originalmanuskripts mit Korrekturen. Eigentlich wollte Mitchell nicht veröffentlichen, sie schrieb die Geschichte für sich selber. Eines Tages ließ sie sich breitschlagen und hat einem Literaturagenten das Manuskript mitgegeben, damit er es lesen kann. Sie dachte, es sei nicht gut, sie hatte immer Zweifel an ihrem Werk, das sie hauptsächlich für sich selber verfasst hatte. Also versuchte sie ihn per Telegramm zu stoppen und dazu zu bewegen, ihr das Buch wieder zurückzuschicken. Er hatte aber schon angefangen und war begeistert. Einzig am Namen der Hauptfigur hatte er etwas auszusetzen - Pansy (dt. Stiefmütterchen) war für diese energische Frau nicht passend. Das englische Wort für scharlachrot (scarlet) passte da doch viel besser. Was wäre gewesen, wenn Mitchell ihren Willen bekommen hätte und das Epos in der Schublade versauert wäre? Millionen von Frauen wären um einen bemerkenswerten Feh-Knüller ärmer, viele, viele Männer würden in wundersamer Ahnungslosigkeit leben, was für einen Heulfilm ihre Liebste versäumt hat.

Im "Filmraum" ist dann etwas zu finden, auf das das Museum sehr stolz ist: die Eingangstür von Tara. Hier handelt es sich nicht um einen Nachbau sondern um das Original, das am Set für gewisse Szenen verwendet wurde. Außerdem kann man sich Ausschnitte aus der Dokumentation zum Film ansehen, sich mit Kostümzeichnungen beschäftigen und mit der Crew in Anekdoten eintauchen.

Der Film: 1939 mit bis dahin unbekanntem Budget in einer absurden Tour de Force als einer der ersten Farbfilme gedreht, darf man ihn wohl als einen der erfolgreichsten, berühmtesten Streifen aller Zeiten betrachten. Als Kind habe ich ihn mehr als einmal "durchlitten" und nie verstanden, was an diesem Hin und Her und der Heldin auf der Treppe so taschentuchwürdig ist. Als Vorbereitung auf den Trip hab ich mir den Spaß gegönnt und mir das Epos in voller Länge zu Gemüte geführt. Ich habe zwar nicht geheult, obwohl ich tendenziell nah am Wasser steh, aber ich habe bewundert, wie die das damals alles hinbekommen haben. Einige Meilen nördlich von Atlanta, in Marietta, steht ein Museum, das sich hauptsächlich mit dem Film und dessen Begleiterscheinungen beschäftigt - also musste ich da hin.

Unter anderem hängt in der großen Halle, die von Regalen und Vitrinen nur behelfsmäßig eingeteilt wird, das Originalschild der Produktionsfirma. Ich frag mich, wie oft die Leute davor waren, alles hinzuschmeißen, bei all den Problemen, die während der Dreharbeiten aufgetaucht sind.

Ein Modell von Tara, dem Herrenhaus in der Geschichte. Ich frag mich, ob meine Idee von Südstaatenarchitektur wohl hierher rühren mag, schließlich wurde ich mehrmals damit konfrontiert. Das Haus ist absolut liebevoll gestaltet, von der Rückseite kann man verschiedene Räume einsehen, die, soweit sie im Film vorgekommen sind, originalgetreu und maßstabsgerecht eingerichtet sind. Es gibt noch einen weiteren Nachbau des Hauses sowie der Nebengebäude in einem anderen Teil des Museums. Das zweite Modell ist allerdings nicht eingerichtet, was es aber nicht weniger liebevoll gestaltet wirken lässt. Die ganze Sache hat auch bis heute ihre Anziehungskraft nicht verloren - das zweite Modell ist aus dem Jahr 2009.

An den Wänden und in den zahlreichen Vitrinen befinden sich Filmplakate, Ausgaben des Buches aus aller Welt und Memorabilia sonder Zahl. Nicht nur industriell gefertigte Dinge, die als Merchandising vertrieben wurden, sind zu sehen, sondern auch zahlreiche von Fans in Handarbeit gefertigte Sachen - Zeichnungen, Stickereien, Näharbeiten oder Töpferwaren, um nur einige zu nennen.

Sogar dem "Nachfolgeroman" von Alexandra Ripley wurde ein kleines Plätzchen eingeräumt, auch wenn er von Fans meist eher kritisch gesehen wird, da die Hauptfigur deutlich verändert daherkommt. Mitchell hatte sich ja immer gewehrt, einen Nachfolgeband zu schreiben, hat auch nie ein "Ende" für die Geschichte preis gegeben. Für sie war das Buch so, wie es sein sollte. Sie hat sich auch geweigert, an dem Film groß mitzuarbeiten, hat die Fragen des Studios nur sehr widerwillig beantwortet.

Neben einigen anderen Requisiten vom Set oder Schenkungen der Schauspieler sind auch ein paar Kostüme ausgestellt, so wie dieses pompöse Kleid.

Damit die Besucher nicht in Zweifel kommen, wird mit Bildern aus dem Film belegt, dass diese Sessel tatsächlich in der Eingangshalle zu sehen waren. Sonst könnte da ja jeder kommen...

"Barbie"puppen mit Miniaturkleidern, die von den Filmkostümen abgekupfert wurden, schienen eine Zeit lang sehr beliebt zu sein. Auf alle Fälle hat das Museum eine erkleckliche Sammung davon. Was der Holzschnitt in der Mitte sollte, ist mir hingegen ein Rätsel - aber er zeigt, dass man mit allem Geld machen kann. Diese Merchandising-Sache schlug im Fall von "Vom Winde verweht" ohnehin Wellen, die mir nicht mehr geheuer sind. Wenn man bedenkt, dass das vor über 70 Jahren war und sich dann die Flut an Dingen vor Augen hält, die man dazu kaufen konnte, wundert mich bei modernen Hysterien wie *hust* Tweileit *hust* nichts mehr...

Damals durften die Schauspieler sogar noch Werbung für Zigaretten machen, so wie hier der Darsteller des Ashley. Wenn ich nur nachvollziehen könnte, was Scarlett an Ashley gefunden hat... Aber scheinbar war die Scarlett-Mimin Vivian Leigh, die aus tausenden von Schauspielerinnen auserkoren wurde, von ihren männlichen Kollegen wenig überzeugt. Von Rhett Butler ist überliefert, dass er sie ebensowenig mochte. War sicher "lustig" am Set ;)

Beim Rausgehen aus dem Museum fiel mir dann noch diese Plakette am Zaun vor dem Museum auf - einen Deutschlandbezug gibt es also auch noch.

Aus dem Margaret Mitchell-Haus habe ich mir eine Ausgabe des Buchs mitgenommen - auf Englisch, versteht sich. Aufgrund diverser Umstände *räusper* bin ich noch nicht dazugekommen, mich damit zu befassen. Ich bin schon gespannt, wie schwer ich mir mit 75-80 Jahre altem Englisch tun werde. Und wie viele Details der Film ausgelassen hat. Mal sehen, wann ich das schaffen werde...