Sonntag, 27. Februar 2011

Reisebericht Memphis - 18. November 2010

Memphis war für mich absolut Pflicht, noch bevor ich wusste, was es da eigentlich alles zu bestaunen gab. Frohen Herzens hätte ich Nashville ausgelassen, aber Memphis hätte ich keinesfalls streichen wollen. Ich weiß nicht warum - irgendwie hatte die Stadt ein Plätzchen in meinem Kopf. Rückblickend kann ich auch nicht sagen, ob Memphis meine Erwartungen erfüllt hat oder nicht, denn ich hatte keinen Anspruch an die Stadt. Spannend war es auf alle Fälle, auch wenn ich mir etwas besseres Wetter gewünscht hätte. Im Sonnenlicht sieht gleich alles wesentlich hübscher aus.

Die berühmte Beale Street - das ist, wo in Memphis der Bär steppt. Schon Elvis ist hier als Teenager entlang geschlendert und hat sich von der Musik inspirieren lassen, die aus den verschiedenen Lokalen quoll. Und nicht weit von hier nahm seine Karriere dann auch den Anfang: Er ist in die Sun Studios marschiert und hat eine Platte aufgenommen - eine Sache, die heute noch gegen einen geringen Obulus möglich ist. Und wie der Zufall so wollte, hat ihn jemand gehört, der wichtig war und seine Chance ergriffen. Was daraus wurde, wissen wir alle. Die Sun Studios habe ich leider nicht geschafft (hier hat mir ein zweiter Tag wirklich dringend gefehlt), aber das Phänomen Elvis werde ich in Kürze in einem eigenen Posting bebildern und beschreiben.

Noch mal Beale Street. Ich kann mir schon vorstellen, wie hier in der Nacht alles blitzt und blinkt und bunt leuchtet, wie Musik aus den Lokalen auf die Straße quillt und die Nachtschwärmer versuchen, nicht gegen die Stahlträger zu stoßen, die die Fassade des entkernten Gebäudes links aufrecht erhalten.

Gegenüber vom Hard Rock Cafe - ebenfalls in der Beale Street - befindet sich zu Ehren des Blues-Musikers WC Handy ein Park, teilfinanziert vom zweiten Softdrink-Riesen in den USA. Das ist eine der wenigen Stellen die mir aufgefallen ist, an denen Pepsi stärker vertreten ist als der rot-weiße Marktführer. Generell gibt es in Memphis recht viel Werbung für "die Blauen".

Das ist besagter Blues-Interpret mit dem etwas unglücklichen Namen, dem der Park gewidmet ist. Wie auch in Nashville ist in Memphis Musik allgegenwärtig, vielleicht sogar noch etwas stärker, da die Stadt gleich mehrere Musikrichtungen für sich "beansprucht": Rock, Soul und Blues sollen hier ihre Geburtsstätte haben.

Passend dazu hat sich ein sehr bekannter Gitarrenhersteller mitten in der Stadt niedergelassen. Neben der Fabrik, die man gegen Eintritt im Rahmen einer Tour besichtigen kann, befindet sich hier auch der Flagshipstore. Eigentlich stand die Gitarrenerzeugung ja auch meiner Liste, musste aber leider einem Musikmuseum (what else) und dem Bürgerrechtsmuseum (siehe Beitrag zu MLK) weichen. Da ich eh nicht spielen kann, war mir das jetzt nicht so wichtig. Die bunten Bälle sind angemalte Betonkugeln, die den Vorplatz zum FedExForum abgrenzen, einer großen Veranstaltungshalle, in der auch viele Sportevents am Programm stehen.

Man macht das Beste aus dem Wetter - und Gebäude, die im Nebel nur schemenhaft erkennbar sind, gefallen mir ja auch sehr gut. Das geübte Auge erkennt, dass auch die Innenstadt von Memphis von Hotels übersät ist. Nicht erkennbar am Bild mit den Bällen ist das Westin, neben dem sich gleich ein Starbucks befindet. Eigentlich gibt es beim Kaffeeausschenker gratis Internet. Nicht so hier, da sich ja die Hotelgäste auch dran bedienen könnten, und dann das sauteure Internet ihres Beherbergungsbetriebs nicht nutzen würden - 25 $ für 24 Stunden finde ich eine absolute Frechheit, wenn ich schon für mein Zimmer einen Betrag ab 200$ aufwärts bezahle...

Direkt gegenüber von diesem überteuerten Hotel und dem Gitarrenfabrikanten befindet sich das Rock'n'Soul-Museum. Im Eintrittspreis inbegriffen ist ein Audio Guide, der auch recht notwendig ist, weil die Exponate wenig bis keine Beschreibung aufweisen. Hier abgebildet ist eine Sammlung von Mundharmonikas.

Die Präsentation in diesem Museum hat mir sehr gut gefallen. In diesem Bereich wurde dargestellt, was für einen Wert die Musik für die oft sehr hart arbeitende (Land)Bevölkerung hatte. Dazu wurden Szenen aus dem Alltagsleben mit einigen Gegenständen visualisiert, die Menschen als eine Art Scherenschnitt in schwarz-weiß dargestellt.

Neben Musik, die man im Audioguide hören konnte, gab es auch mehrere Musikboxen aus verschiedenen Perioden, die noch viel mehr Songs auf Lager hatten. Allein um sich da quer durchzuhören, müsste man mehrere Tage in dem doch eher kleinen Museum verbringen.

Detailaufnahme vom ältesten Wurlitzer. Hier kann man schön die Mechanik mit den Platten sehen. Die Beleuchtung mit den wechselnden Farben hat übrigens noch problemlos funktioniert.

Ein altes Radio. In einer Zeit der fortschreitenden Technisierung und Miniaturisierung vergessen wir ganz gerne, wie das am Anfang ausgesehen hat. Ich selber kann mich an sowas auch gar nicht erinnern, in meiner Kindheit waren die Radios und Stereoanlangen schon deutlich kleiner und stromlinienförmiger, wenngleich auch noch weit davon entfernt sich, so wie heutige Geräte, in Hand- oder Hosentasche klein zu machen. Und obwohl ich gut weiß, wie Radiotechnik funktioniert, halte ich sie doch für ein kleines Wunder, wenn ich mir vor Augen führe, wie das damals war. Und eigentlich ist es doch Teufelswerk, dass Musik unsichtbar in der Luft rumfliegt und von so einem Ding dann hörbar gemacht werden kann...

Die Plattenfirma STAX, die das Museum mitfinanziert, hat natürlich ebenfalls etwas Ausstellungsraum bekommen. Es wird gezeigt, welche Musikgrößen bei diesem Label angefangen haben - da sind einige gar klingende Namen dabei.

Eines der prominentesten Ausstellungsstücke ist das erste Piano von Ike Turner. Irgendwie kann ich mir bei dem Mann nicht helfen - das ist für mich der Wahnsinige, der Tina Turner schlug. Und man sieht, wie weit sie es ohne ihn gebracht hat...

Auch dem Thema Bürgerrechte und Musik ist eine Ecke der Ausstellung gewidmet, was mich persönlich natürlich sehr gefreut hat.

Das Herzstück der Bürgerrechtsausstellung ist wohl das Saxophon von Ben Branch. Nie gehört? Ich auch nicht. Aber Ben Branch war wohl der letzte, der mit Martin Luther King gesprochen hat, bevor dieser erschossen wurde. Branch hätte am nächsten Tag bei einer Kundgebung spielen sollen und King hat einige Wünsche geäußert. Wer hätte gedacht, dass das so endet?

Über das Bürgerrechtsmuseum habe ich ja bereits berichtet. Den Rest meines Tages in Memphis habe ich dann auf Graceland verbracht, dem Heim von Elvis. Diese überbordende Dekadenz hat sich aber ein eigenes Posting verdient.