Dienstag, 22. Februar 2011

Reisebericht Chattanooga und Lynchburg - 16. Nov. 2010

Chattanooga - das hat so einen besonderen Klang. Keine Ahnung, woher mir der Name der Stadt und die Wendung Chattanooga Choo Choo ein Begriff ist, aber ich habe den Ort gerne auf die Liste gesetzt.

Hier ist nun die berühmte Choo Choo-Lokomotive. Der ehemalige Bahnhof aus der Hochzeit der Bahn ist heute in Hotel und Convention Center, man kann sogar in alten Eisenbahnwaggons übernachten.

Mit dem kostenlosen Shuttle kann man von der Besucherattraktion "Bahnhof" nach Downtown fahren. Beim Aussteigen an der Endstation steht man unversehens vor diesem liebevoll gestalteten Lokal. Wer es nicht erkennt: Die Vordächer sind stilisierte Coke-Kronkorken.

Eine der größten Attraktionen von Chattanooga ist das Tennessee Aquarium. Auf den Besuch dort habe ich verzichtet, nass war es auch außerhalb davon mehr als ausreichend.

Und nein, ich meine nicht diesen mäßig attraktiven Springbrunnen, sondern den Regen, der alles und jeden unter Wasser gesetzt und durchnässt hat.

Vor dem Aquarium wurde ein ehemaliges Gleisbett in eine Art Notenblatt umgewandelt. Üblicherweise gucke ich ja mehr nach oben als nach unten, aber wenn von oben stetig Wasser kommt, das vom mitgebrachten Microschirmchen abperlt, dann ist unten die bessere Blickrichtung.
Nein, die Treppe ist nicht überflutet. Der rechte Teil dieses Treppengebildes ist tatsächlich als Brunnen gestaltet, links ist für Fußgänger gedacht. Aber offen gestanden hat sich das nicht gravierend unterschieden...

Ich bin mir sicher, dass der Fluss und der naheliegende Lookout Mountain einen tollen Anblick geboten hätten - wenn nur ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken gebrochen wären. Aber aus den Wolken fiel unablässig Regen, der leicht abschüssige Uferweg glich mehr einem Bachbett als für Fußgänger begehbar.

Dieser Weg hingegen war nicht nur hübsch angelegt, sondern auch begehbar. Mit bereits literweise Wasser in Schuhen und Hose bin ich ihn raufgegangen und habe mich über die Geschichte der Stadt informiert, die hier in Infotafeln ausgestellt wurde. Danach habe ich aufgegeben, den Museumsbesuch gestrichen, bin wieder zur Shuttlehaltestelle und zurück zum Auto gefahren.

So nass war ich mein Leben noch nicht gewesen, die Jeans war fast bis zum Schritt durchnässt, die Schuhe vollkommen aufgeweicht. Zum Glück hatte ich eine gewisse Geistesgegenwart an den Tag gelegt, als ich Peter abgestellt hatte - er stand in einer Garage. Dort habe ich mir im Kofferraum trockene Sachen geschnappt und mich in der Garage umgezogen. Dann ging es weiter Richtung Nordwesten, weg von den Highways überland in ein kleines Nest - Lynchburg.

Wem kommt dieses Design bekannt vor? Wer jetzt auf Jack Daniel's Whiskey tippt, liegt richtig. Das Wetter hatte sich während der Fahrt beruhigt, weswegen ich keine Regensachen gebraucht habe, sondern die (kostenlose) Tour in einem Rock und mit Stöckelschuhen angetreten habe. Ja, das lag nun mal zuoberst in der Tasche, und ich hatte zu dem Zeitpunkt nicht weitergedacht, sondern wollte nur aus den nassen Sachen raus.

Während man auf die Führung durch die Fabrik wartete, konnte man das museumsähnliche Besucherzentrum auf der Suche nach Informationen durchforsten. Dann ging es mal zum in den USA fast schon obligaten Info-Film, danach wurde man in einen Bus verfrachtet, der einen zum am weitesten entfernten Punkt des Geländes brachte.

Die Führung war sehr interessant und hat von der Gewinnung der Holzkohle für die Filterung über die Verarbeitung der Rohstoffe und die Herstellung der nur einmal verwendeten Fässer bis hin zur Lagerung (Lagerhaus siehe oben) alles beinhaltet. Die tatsächliche Produktion durfte nicht fotografiert werden, am Freigelände konnte man aber knipsen was das Zeug hält.

Und auch da gibt es allerhand Interessantes zu entdecken, so wie dieses alte Feuerwehrauto (wer wundert sich, dass ich da nicht widerstehen konnte? *gg*).

Die Quelle, aus der Jack Daniel persönlich schon das Wasser für den Whiskey geschöpft hat. Diese Quelle, deren Wasser scheinbar besonders weich und gut ist, war auch der Grund dafür, dass die Destillerie exakt hier errichtet wurde.

Hier hatte der gute alte Jack sein Büro. Scheinbar war er zwar ein Womanzier (wenn auch nie verheiratet), hatte aber auch ein aufbrausendes Temperament. Dieses führte letztlich auch zu seinem Tode - und hier nahm das Ganze seinen Anfang: Eines Morgens wollte der 65-Jährige seinen Safe öffnen, der sich dem Willen seines Besitzers widersetzte. Wutentbrannt trat der alte Mann dagegen und brach sich eine Zehe. Da die Wunde nicht ordnungsgemäß versorgt wurde, bekam er eine Blutvergiftung, der er schließlich erlag.

Nach der Führung wurde uns noch ans Herz gelegt, das kleine Städtchen zu besuchen. Einfach nach links abbiegen, an der Ampel wieder links, und schwubbs, schon ist man am Hauptplatz. Und ich fand es dort einfach nur entzückend. Es war, als ob ich in einer Filmkulisse gelandet wäre. Fragt sich, wie die ca. 6000 Einwohner das hier sehen...

An der Kreuzung links hinten im Bild, befindet sich die einzige Ampel in ca. 30 km Umkreis. Das Lädchen, das ich links abgeschnitten hab, ist die örtliche Harley Davidsson-Vertretung - unfassbar, was für Prioritäten hier gesetzt werden. Und direkt außerhalb vom Hauptplatz stehen schon Häuser - vermutlich dürfte das die teuerste Gegend im Städtchen sein ;)

Der Hardwarestore führt hauptsächlich Werbeartikel für Jack Daniel's. Vor dem Laden kann man Schaukelstühle und Blumentröge sehen - diese werden aus den Fässern gemacht, in denen der Whiskey gereift ist. Da die Fässer jeweils nur einmal verwendet werden, gibt es natürlich jede Menge davon.
In dem Lokal am linke Ende der Häuserzeile habe ich gegessen. Wie im Film, sag ich Euch. Kichernde Mädchen um die 20 als Bedienung, ein paar grad erst der Schule entwachsene Jungs, die die Girls gehänselt haben. Alkohol konnte man dort übrigens keinen bestellen - Lynchburg liegt in einem Dry County. Das heißt, dass weder Alkohol verkauft noch öffentlich konsumiert werden darf. Die einzige Ausnahme von dieser Regel gibt es bezüglich Verkauf in der Destillerie. Man sollte sich aber nicht erwischen lassen, die Flasche gleich zu köpfen...

Ja, und da kam doch glatt noch die Sonne raus und hat die idyllische Szene mit Rathaus bestrahlt. Kaum zu fassen, dass ich nur Stunden früher komplett durchweicht wurde. Die Hose hat sich auf der Heizung im nächsten Hotel trocknen lassen, die Schuhe aber waren hinüber. Aber wenigstens habe ich mich nicht erkältet, denn Medizin in Whiskey-Form habe ich mir nicht gekauft ;)