Sonntag, 31. Juli 2011

Reisebericht Fredericksburg, VA - 30.03.2011

Der erste Urlaubstag außerhalb von den Großstädten Washington DC und New York City führte uns ins historische Fredericksburg. 1671 fand die erste Inbesitznahme des Gebiets statt, 1676 wurde hier ein Fort gegründen. 1728 schließlich wurde die Stadt gegründet, die heute etwa 25000 Einwohner zählt. Änlich wie Williamsburg, wo ich im November 2010 war, versucht Fredericksburg sein historisches Erbe zu bewahren - und davon gibt es reichlich. Der geneigte Tourist darf viele der alten Gebäude sogar betreten, wovon wir natürlich gerne Gebrauch gemacht haben.

Der Trip begann bei der Tourismus-Information, wo wir uns unsere Eintrittskarte in die Geschichte abgeholt haben. Wäre die Straße hier nicht alsphaltiert, könnte man doch glatt den Eindruck haben, ein paar hundert Jahre früher hier zu stehen. Die Mülltonne in Fassform trägt nicht unerheblich dazu bei ;) Nachdem wir unsere Tickets und einen Stadtplan hatten, haben wir uns in einem putzigen kleinen Café gestärkt, bevor wir durch die trüben Straßen gelaufen sind, um uns unsere Geschichtsdröhnung abzuholen.

Meine Güte, wär es hier nicht kleinstädtisch-nett, wenn das Wetter etwas schöner wäre. Und ruhig ist es - man kann mitten auf der Straße stehen für Bilder. Fast etwas gespenstisch.

Eine der Spezialitäten von Fredricksburg sind Antiquitäten, es gibt einige Läden, die alte Sachen verkaufen, so wie im roten Gebäude links. Leider war nicht geöffnet, die Stadt schien noch zu schlafen.

Irgendwie charmant, aber Frühstück hatten wir grad erst und fürs Mittagessen war's noch zu früh.

Auch hier hätte sich ein Einkehrschwung eigentlich empfohlen: in diesem klerikal anmutenden Gebäude befindet sich eine Bäckerei. Ich kann mir hier einen Serienschauplatz sehr gut vorstellen *grübel*

Der erste Indoor-Stop führte uns zu Hugh Mercer's Apothecary, der örtlichen Apotheke und Arztpraxis. Ja, die Flagge gehört so, damals, als Virginia noch Kolonie war, flaggte da natürlich noch kein Star Spangled Banner.

Das Innere behauptet, original und authentisch zu sein. In Ermangelung von unauffällig zu nehmenden Proben für eine C14-Datierung, habe ich der Führerin einfach mal geglaubt ;) Wie so oft bei historischen Sehenswürdigkeiten wurde auch hier versucht mittels Schauspielern ein Gefühl für die damalige Zeit zu vermitteln. Die etwas korpulente ältere Dame, die für die Vorführung der verschiedenen Mittelchen auf der Theke verantwortlich war, hat sich in ihrer Rolle sehr wohl gefühlt. Fast kommt beim Besucher ein leichtes Schuldgefühl auf, wenn er keines der Zipperlein hat, für die hier Kräutlein bereitstehen.

Gleich neben dem Verkaufsraum ist der ehemalige Behandlungsraum, wo eine weitere Schauspielerin - die die Abwesenheit des guten Doktors außerordentlich bedauert hat - die damaligen Heilmethoden demonstriert hat. Ein Hoch auf die moderne Medizin! Alles in allem war es sehr interessant und aufschlussreich zu sehen, wie gewisse Dinge vor bald 250 Jahren abgelaufen sind. Der Arzt und Apotheker hat in diesem Haus auch gewohnt, auch das Obergeschoss war zu besichtigen. Leider hat mich da meine Kamera etwas im Stich gelassen und keines der Bilder ist scharf. Er hat auf alle Fälle recht luxuriös gelebt für die damalige Zeit.

Bild bei Annette ausgeborgt - DANKE!
Weiter ging es zur Rising Sun Tavern, einem frühen "Luxushotel". Das Haus gehörte ursprünglich Charles Washington, dem jüngsten Bruder von George Washington, bevor es 1792 in eine Herberge umgewandelt wurde. Leider waren keine Fotos vom Inneren erlaubt, weshalb ich nur schriftlich ein paar Eindrücke vermitteln kann: Das Haus besteht aus drei oder vier Gästezimmern im Obergeschoss sowie einem Esszimmer, einem Kaminzimmer und einem Büro im Erdgeschoss. Die Kosten für eine Übernachtung betrugen auf heutige Preise umgerechnet etwa 250 $ (175 Euro). Dafür bekam man aber nicht etwa ein Einzelzimmer mit Bad und WC, sondern einen Sitzplatz in einem Bett, das mit etwa fünf weiteren Personen geteilt werden musste. Schlafen im Sitzen war damals normal. Nicht normal hingegen war Baden - generell wurde nur einmal im Jahr gebadet, in den Sommermonaten. Wie es also in so einem Zimmer gerochen haben mag - ich denke, wir wollen es nicht wissen, oder? Da es eines der wenigen hochgestellten Häuser war, konnten auch Damen hier absteigen, ohne um ihren Ruf fürchten zu müssen. Ehepaare haben nicht gemeinsam übernachtet, sondern wurden nach Geschlecht getrennt untergebracht. Generell war es sehr interessant zu sehen, wie das Herbergswesen früher aussah - da wusste ich mein Motelzimmer gleich wieder SEHR zu schätzen.

Weiter ging es durch das kleine Städtchen, das mit einem ganzen Sammelsurium an Kirchen zu glänzen weiß. Zu den beiden auf diesem Bild gesellt sich noch eine hinter mir...

... und die hier, ein paar Ecken weiter, sogar mit angeschlossenem Friedhof.

Dieses Bild allerdings entstand ein paar Ecken weiter auf einem Masonic Cemetary, also einem Freimaurerfriedhof, worauf der kleine Zirkel hinweist.

Fredericksburg hat nicht nur eine starke Washington-Connection, sondern auch der fünfte Präsident der USA, James Monroe, war hier mal zuhause. Ein Grundstück mitten in der Stadt hat einmal ihm gehört, er hat dort sein Rechtsanwaltsbüro gehabt. Das Gebäude, das heute darauf steht, hat sich im Rahmen einer historischen Ermittlung als zu jung erwiesen, als dass es zu Monroes Zeiten schon gestanden haben kann. Es beherbergt aber trotzdem ein Museum und eine Bibliothek zu Ehren des ehemaligen Präsidenten. Der Streifzug durch das Leben dieses Mannes war ebenfalls interessant, mehr haben mich aber dennoch Washington und Jefferson beeindruckt.

Dieses Haus war das Heim von Mary Ball Washington, der Mutter von George Washington. Er kaufte es 1772 und wirkte scheinbar selber an den Umbauten mit. Es liegt in der Nähe der Rising Sun Tavern, wo ja früher der jüngste Sohn der Präsidentenmutter wohnte, und Kenmore (siehe unten). Auch hier gab es eine Tour durch Schauspielerinnen, die einen guten Eindruck des damaligen Lebens vermittelten. Unter anderem habe ich hier gelernt, dass früher so viele Tischdecken aufgelegt wurden, wie es Gänge gab. Nach jedem Gang wurde das oberste Tischtuch entfernt, da die Gäste es auch anstatt Servietten zum Abwischen von Händen und Mund verwendet haben. Das Dessert wurde dann auf dem blanken Tisch serviert. Das Haus war für damalige Verhältnisse sehr großzügig, mit einer Küche im Hof und einem Aborthäuschem im Garten. Vom Garten aus gab es einen Pfad, auf dem Mary Washington die wenigen 100 Meter gehen konnte...

... die ihr Haus vom Heim ihrer Tochter Betty trennten: Kenmore. In diesem schönen, nach allen Regeln des damaligen guten Geschmacks ausgestatteten Haus lebte die älteste Schwester von George Washington mit ihrem Gatten Fielding Lewis. In liebevoller Detailarbeit zur damaligen Erscheinung restauriert, findet der Besucher heute gelbe und blaue Wände und wunderschöne Stuckdecken, die von einem Arbeiter (oder Sklaven?) verfertigt wurden, der auch an George Washingtons Mount Vernon gearbeitet hat. Da der Stuck bis auf einige Ausbesserungen durch die Nachbesitzer noch der ursprüngliche ist, darf nur das Erdgeschoss besichtigt werden. Das Haupthaus ist noch im Originalzustand, die beiden Seitengebäude wurde rekonstruiert. Eines davon enthält die Küche, im anderen waren wohl Waschküche und ähnliches untergebracht. Der Hausherr hat darauf bestanden, für Sklaven und sozial niedrigstehende Gäste extra Eingänge zu haben. Nur Besucher mit hohem sozialem Status durften durch den Haupteingang eintreten. Das war die umfangreichste Führung auf der kleinen Geschichtstour, ausnahmsweise nicht geschauspielert sondern von einer interessierten Freiwilligen gemacht. Auch das war sehr aufschlussreich und hat einen spannenden Einblick in das damalige Leben geboten.

Was wir bei der Fülle an Attraktionen leider nicht geschafft haben, war die Ferry Farm, wo George Washington aufgewachsen ist. Außerdem sind uns einige Stationen auf dem Spaziergang durch die Lappen gegangen, was aber wegen des einsetzenden Regens nicht so tragisch war.

Eigentlich versteht sich ja Neuengland als die Wiege der amerikanischen Zivilisation und Besiedlung. Obwohl ich da auch schon war, habe ich den Eindruck, dass doch eher Virginia diesen Titel für sich beanspruchen kann. Eventuell liegt es an der besseren Aufbereitung und den breitflächig vorhandenen Besichtigungsmöglichkeiten, die ich in Massachussets nicht gefunden habe. Vielleicht aber ist es tatsächlich so, dass sich in Virginia im Zuge der Kolonialisierung wesentlich mehr abgespielt hat, und die Mayflower einfach nur etwas zu weit nördlich an Land gedriftet ist. Wer sich dafür interessiert, was sich im 18. Jahrhundert in Amerika getan hat, der ist in Virginia sicher gut aufgehoben. Ich hatte auf alle Fälle auch dieses Mal wieder viel Spaß beim Entdecken und Erforschen.

Freitag, 29. Juli 2011

Reisebericht "rund um Charlotte, VA" - 31.03.2011

Beim Zusammentragen der Bilder und Daten ist mir aufgefallen, dass die letzten beiden Reiseberichte gemeinsam mit diesem hier und dem nächsten eine Zeitreise bilden - mit jedem Posting bewegen wir uns ein bisschen weiter zurück sowohl in Annettes und meinem Urlaub als auch in der Zeit, in der die Sehenswürdigkeiten entstanden sind.

Edisons Labor gab es ab 1886, Gettysburg entstand 1786 und die Ereignisse, die es berühmt gemacht haben, fanden 1863 statt.

Bild von Annette - Danke!
Dieser Bericht führt uns nach Monticello, dem Landsitz von Thomas Jefferson, den dieser ab 1772 nach eigenen Plänen erbauen ließ. Der Name kommt vom Italienischen für "kleiner Berg", was sehr passend ist, da das Haus auf einer Hügelkuppe steht und einen wunderbaren Ausblick bietet.

Jefferson (1743-1826) ist eine jener schillernden Figuren in der Geschichte amerikanischer Präsidenten, die mich immer wieder verwundert zurücklassen. Er war nicht nur ein großartiger Politiker, Gouveneur, Botschafter, Verfasser der Unabhängigkeitserklärung, sondern er hat auch die Universität von Virginia gegründet, war ein begeisterter Landwirt, hat viele Dinge erfunden und weiterentwickelt, war ein belesener Gelehrter und vieles mehr. Eigentlich könnte man fast vermuten, dass das nur durch Anstrengung mehrerer Männer unter einem Namen gelingen könnte - was auch die Unterschiede in den Porträts und Büsten erklären würde ;)

Nachdem beim Visitors Center der Eintritt bezahlt wurde, bekommt man eine Zeit für die Tour zugewiesen. Damit auch alle pünktlich sind und niemandem auf dem Weg zur Hügelkuppe die Puste ausgeht, wird man die paar 100 Meter mit einem Bus hochgefahren. Ein Hurra auf die Amerikaner! ;) Der erste Blick auf den berühmten Präsidentenwohnsitz erhascht man dann auch, während man in der Schlange steht. Sieht jetzt noch nicht sooo beeindruckend aus, auch wenn die 350-Jahr-Feier bald ins Haus steht. Nun, die Tour sollte diese Ansicht bald grade rücken.

Der Haupteingang. Was auffällt: keine feste Tür, alles verglast. Ungewöhnlich. Aber das ist noch nicht das Herausragendste: in der Mitte ist ein dunkler Fleck zu sehen - eine Kompassrose. Was die da macht? Sie zeigt, was für ein genialer Kopf Jefferson war: Damit er bei Wind und Wetter nicht bis nach draußen treten musste, hatte er den Wetterhahn auf dem Dach mit einer Welle zu besagter Kompassrose verbunden, sodass er aus seiner Vorhalle einen Blick auf die Windrichtung erhaschen konnte. Auch interessant ist die Uhr, die sich über dem Haupteingang befindet. Sie bildet das Gegenstück zu einer, die auf der Innenseite angebracht ist, beide werden vom selben Uhrwerk angetrieben. Zudem war damit eine Art Kalender verbunden - Kugeln, die sich von der Decke bis in den Keller bewegte und dabei die Wochentage anzeigte.

Leider war wie so oft das Fotografieren im Inneren untersagt, was aber auch verständlich ist. Deswegen kann ich nur Erzählungen bieten und auf die Webseite verweisen, wo man sich die öffentlich zugänglichen Räume ansehen kann. Die Eingangshalle hat es mir besonders angetan. Hier kam jeder Gast durch und konnte sich die kleine museumsartige Ausstellung ansehen, die Jefferson entsprechend seiner Interessen zusammengetragen hatte. Mit Sicherheit eine Sache, die einem sonst nigends geboten wurde. Das Haus ist durchgängig mit Dingen möbliert, die Jefferson gehört haben. Besonders hat es davon profitiert, dass der Nachbesitzer Uriah Levy ein großer Bewunderer von Jefferson war und seine persönlichen Mittel dafür aufgewandt hat, es wieder instand zu setzen. Im Bürgerkrieg wurde es aquiriert, fiel aber wieder an die Familie Levy zurück, die es 1923 an eine Organisation verkaufte, die das Haus schließlich öffentlich zugänglich machte.

Eines der besonderen Merkmale des Haupthauses dürfte der achteckige Aufbau sein, der nachträglich hinzugefügt wurde. Bemerkenswert ist die großflächige Verwendung von Glas, einem damals ungemein teuren, seltenen Werkstoff. Ein Teil davon ist noch original, gut zu erkennen an den Fließmustern, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben.

Von der Weite erschließt sich das ganze Ausmaß des Baus: Das Haupthaus wird flankiert von zwei Terrassen, die beide von einem kleinen Häuschen abgeschlossen werden. In dem rechter Hand hat Jefferson mit seiner Frau zwei Jahre lang gewohnt, während das Haupthaus in Bau war. Im linken wurde später eine Art Büro eingerichtet.

Die Terrassen dienten aber nicht nur dazu, sich draußen zu verlustieren oder um zu den Häuschen zu gelangen. Tatsächlich deckten sie einfach die Dienstbotentrakte ab. Hier war alles zu finden, was so einen großen Haushalt am Laufen hielt: Küche, Eishaus, Lagerräume, Werkstätten. Eine Besonderheit des Designs war, dass die Sklaven ihre Arbeit so trockenen Fußes und Hauptes erledigen konnten. Allerdings hat Jefferson auch den Nachteil seiner Konstruktion zu spüren bekommen, als - wie damals häufig - die Küche in Brand geriet und das gesamte Anwesen drohte abzubrennen.

Auch die Ställe waren unter einer der Terrassen angelegt. Obwohl hier nur etwa ein Drittel zu sehen ist, finde ich die Stallfläche vergleichsweise klein. Vermutlich wurden aber Nutztiere woanders gehalten, und dieser Bereich war wohl hauptsächlich der Unterstellung von Pferden gewidmet, die damals ja das einzige Fortbewegungsmittel waren.

Das Haus war gesamt unterkellert, mit Türen, die sich abschließen ließen. Des Nachts konnten die Sklaven also nicht ins Haus. Auch wurden die wertvollen Dinge im Keller gelagert, wie Lebensmittel und Getränke. Was das nun mit diesem Bild zu tun hat? Nun, wir stehen hier direkt unter der Eingangshalle und finden aufgrund einer Ungenauigkeit bei der Berechnung des Uhrenkalenders den letzten Wochentag hier im Keller - die anderen 6 sind in der Halle zu sehen.

Ausgrabungen auf dem Gelände haben einige ehemalige Strukturen zum Vorschein gebracht. Die Sklaven lebten in unmittelbarer Nähe zum Haupthaus in kleinen Hütten. Sie hatten kleine Gärten, in denen sie selber Dinge anpflanzen durften und bei Bedarf auch an Jeffersons Haushalt verkaufen konnten. Wie von jedem Präsidenten, der Sklaven hatte, wird auch von Jefferson behauptet, dass er diese gut behandelt hat. Selbst wenn die Erklärungen eventuell etwas geschönt wurden, kann ich mir durchaus vorstellen, dass man es als Sklave schlimmer hätte erwischen können.

Diese Beete gehörten zur Plantage und werden heute noch teils bewirtschaftet. Man kann im Andenkenshop auch Samen kaufen von Pflanzen, die ursprünglich hier gezüchtet oder gekreuzt wurden. Das kleine Gebäude im Hintergrund war ein Rückzugsort für Jefferson, wo er diverse Schreibarbeiten erledigt haben sollte und den Ausblick auf die Blue Ridge Mountains genossen hat.

Auf dem Gelände liegt auch ein Friedhof. Neben Jefferson liegen hier alle legitimen Nachkommen bestattet (also nicht jene Kinder, die er gemeinsam mit einer Sklavin gezeugt haben sollte). Der ehemalige Präsident selber hat bestimmt, welche seiner Meriten auf dem Grabobelisken zu lesen sein sollten: Autor der Unabhängigkeitserklärung, Autor der Statuten für Religionsfreiheit in Virginia und Vater der Universität von Virginia. Interessant zu sehen, was er selber für seine größten Erfolge zu halten schien.

Im Besucherzentrum wartete dann noch eine umfangreiche Ausstellung auf uns, wo vor allem das Leben und Wirken des großen Mannes beschrieben wurde. Unter anderem war auch dieses Modell des Hauses zu betrachten, wie es in einer früheren Variante mal ausgesehen hat. Den zweiten Stock hat Jefferson dann abtragen und durch den achteckigen Raum ersetzen lassen. Damit wirkt das ganze Gebäude in meinen Augen auch wesentlich harmonischer.

Nach umfangreicher Bewunderung und vielen Aha-Momenten haben wir Monticello wieder verlassen, um den zweiten Tagespunkt in Angriff zu nehmen. Als Fan der Katzenkrimis von Rita Mae Brown wollte Annette das Städtchen Crozet besuchen, wo die Bücher spielen. Auch wenn die Autorin angibt, dass sie sich hauptsächlich den Namen ausgeborgt hat, ist es doch interessant zu sehne, wo sie ihre Inspiration hernimmt. In diesem Fall war ich die Fahrerin, die Bilder sind also von Annette. Ich habe mir zwei ausgesucht, die für mich "small town America" ganz nett einfangen:

Bild von Annette - Danke!
Das hier dürfte so ungefähr "Downtown" sein. Ein richtig verschlafenes kleines Nest, im besten Sinne des Wortes. Große Supermärkte, Fast-Food-Ketten, die typische Prägung, die der Kommerz kleinen Städten laut meiner Erfahrung aufdrückt - das alles findet man hier nicht. Und ja, wir haben hier Sight-Driving gemacht. Das Wetter war nicht so prickelnd und überhaupt ist alles ein bisschen verstreut.

Bild von Annette - Danke!
Nett fand ich diesen Hardware Store - eines jener Lädchen, wo man so ziemlich alles bekommen sollte, was handwerklich notwendig ist. Der hier steht an einer Art Hauptplatz, wo mehrere Geschäfte nebeneinander stehen, darunter eine altmodische Pharmacy und ein China-Restaurant. Es war doch ganz nett, mal einen Ort zu sehen, der nicht gänzlich von den großen Ketten dominiert wird. Ein bisschen hat mich das Ganze an Lynchburg erinnert, wobei das mit Sicherheit auch aus touristischen Gründen "original" ist.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Reisebericht Gettysburg - 01.04.2011

Das 1786 gegründete Städtchen Gettysburg im ländlichen Pennsylvania scheint auf den ersten Blick mit seinen nicht mal 8000 Einwohnern kein großer Touristenmagnet zu sein. Dann aber lassen wir den Namen nachklingen, und diejenigen von uns, die sich mit Geschichte beschäftigen, hören vielleicht ein fernes Glöckchen klingeln: Da war doch was mit Bürgerkrieg und Lincoln... Für die Shopping-Victims unter uns: Es gibt dort ein Outlet-Center ;)

Als brave Touristen haben wir uns erst mal mit dem geschichtlichen Teil auseinandergesetzt. Es gibt ein großes Museum zum Bürgerkrieg, das ich leider im November 2009 bei meinem ersten Aufenthalt in der Gegend nicht geschafft habe. Seither hatte sich dann auch ein bisschen was getan, und das Museum war nicht mehr an der Stelle, an der mein Reiseführer es angegeben hatte. Einige Hinweisschilder später sind wir dann am richtigen Ort gelandet, wo erst mal dieser Anblick meine Kamera beschäftigt hat:

Hier gibt es doch tatsächlich Stellplätze für "green vehicles". Ja, der Prius ist blau, aber weil er umweltfreundlich ist, gilt er als "grün". Die beiden Bomber im Hintergrund haben sich ihre Parkplätze frech geklaut - an den Dinos ist nichts verbrauchsarmes dran. Wie man sieht, war diese Reservierung auch absolut notwendig, sonst wäre ja gar keine Abstellmöglichkeit mehr gegeben ;)

Obwohl das Museum und das Schlachtfeld vom National Park Service betreut werden, ist auch hier eine Eintrittsgebühr fällig (die meisten anderen NPS-Museen sind gratis). Die 9,50$ habe ich aber gerne bezahlt, wenn dafür das Schlachtfeld und das Cyclorama erhalten bleiben können. Das war nämlich für mich die große Überraschung: Nach einem Einführungsfilm ging es in einen großen, kreisrunden Raum, in dem die Schlacht mit Lichteffekten auf einem großen Gemälde dargestellt wurde:

Das 360-Grad-Gemälde wurde bei der etwa 10 Minuten dauernden Nachstellung je nach Tageszeit in verschiedene Farben getaucht.

Die hellen Flecken symbolisieren hier Kampfhandlungen in der Nacht. Da an allen "Ecken" synchron Dinge passierten, war es gar nicht so einfach, das Ganze im Auge zu behalten.

Die Präsentation dauerte ca. 7 Minuten und wurde von einem Moderator geführt, der auf die wichtigsten Punkte in der vom 1. bis 3. Juli 1863 geführten Schlacht hinwies. Das ca. 2400 Einwohner zählende Städtchen wurde dabei von 160.000 Soldaten überrannt, von denen etwa 7500 den Tod fanden.

Nach dem Ende der Vorführung konnte man ein Facsimile des gewaltigen Gemäldes ansehen, das Kommentare und Hinweise enthielt. Ganz ehrlich: Kreisrunde Gemälde, mehrere Meter hoch und viele Meter lang, waren bislang vollkommen an mir vorübergegangen. Ok, ich lebe auch etwas spät, um von dieser Erfindung noch was zu haben, das war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine tolle Sache. Umso toller fand ich es, dass dieses Gemälde erhalten werden konnte und heute noch zu sehen ist.

Das Museum selber besteht erst seit einigen Jahren an der neuen Stelle, somit ist es exzellent aufgemacht. Die Informationsfülle ist für einen einzelnen Besuch viel zu groß, man kann nur Bruchteile mitnehmen. Die Sammlung der unterschiedlichsten Gegenstände hat einen leichten Einstieg versprochen.

Thematisch geordnet ging es weiter - neben Musikinstrumenten und Waffen wurden auch alle möglichen Gebrauchsgegenstände hergezeigt. Neben der Versorgung mit Lebensmitteln (mehr schlecht als recht) fand ich auch die Informationen zur medizinischen Ausstattung nicht uninteressant.

Unter diesem monumentalen Facsimilie eines Gemäldes ist die Zahl teilnehmenden Soldaten aus den verschiedenen Bundesstaaten aufgelistet, getrennt nach Union ("Nordstaaten") und Confederates ("Südstaaten"). Während aus den im Westen gerade neu erschlossenen Gebieten zum Teil nur einige Hundert Mann zur Nordstaaten-Armee stießen, waren sich andere Staaten nicht so einig: Aus vielen Bundesstaaten erfolgten Registrierungen sowohl für die eine als auch für die andere Seite. Was heute wie schwarz/weiß aussieht, war damals lange nicht so klar. Auch waren die als Hauptgrund wahrgenommenen Sklaven nur einer der Auslöser für den Krieg, wobei andere Faktoren deutlich mehr Gewicht hatten.

Interessant fand ich die unterschiedlichen Interpretationen der amerikanischen Flagge, die einem immer wieder unterkamen. Hier handelt es sich um die 34-Stern-Variante, die durch den ganzen Krieg hindurch von der Union verwendet wurde. Die Nordstaaten hatten die Sezession nie akzeptiert, weshalb die 11 "abtrünnigen" Staaten weiterhin auf der Flagge aufschienen (Amerika hatte damals noch nicht mehr Bundesstaaten). Die Konföderierten hingegen versuchten sich abzugrenzen, indem sie eine Flagge entwarfen, die nur 3 Streifen enthielt (rot-weiß-rot) und im blauen Feld 11 Sterne aufwies, von denen sich 10 ringförmig um den 11. gruppierten.

Mit allerlei Diagrammen und Karten wird versucht, dem Besucher die Schlacht und die Strategie näher zu bringen. Das theoretische Wissen hilft bei der nachfolgenden Schlachtfeldbefahrung, ist allerdings aufgrund der schieren Unvorstellbarkeit des Ganzen doch einigermaßen abstrakt.


Ein Teil der Ausstellung ist der berühmten Rede von Abraham Lincoln gewidmet. Die Gettysburg Address, die der Präsident am 19.11.1863 anlässlich der Eröffnung des Friedhofs für die in der Schlacht gefallenen Soldaten hielt. gilt bis heute als eine der besten Reden. Lincoln war nicht der Hauptsprecher, sondern sollte nur nach der Hauptrede einige Worte sagen. Rückblickend muss ich sagen, dass zu dieser Sache etwas mehr Information nicht geschadet hätte, aber der Wikipedia-Artikel gibt Interessierten einen brauchbaren Ausgangspunkt.

Dieses Bild habe ich aus zwei Gründen für das Posting gewählt: einerseits, weil ich die Reflexion mag, und andererseits, weil der Satz für mich die wohl zur Motivation nötige Selbstverblendung gut aufzeigt. Die Sonderausstellung zeigt Briefe von Soldaten und deren Familien, die einen Einblick in das Gedankengut bieten.

Nach dreieinhalb Stunden Museum haben wir auf dem Weg zum Schlachtfeld noch ein kleines Shooting mit Präsident Lincoln veranstaltet. Ich finde, er ist ganz gut getroffen, wenn man sich die Bilder ansieht, die von ihm existieren. Im Gegensatz zu anderen Präsidenten, deren Aussehen noch von Malern festgehalten werden musste, und die entsprechend oft befremdlich unterschiedlich wirken, gab es zu Lincolns Zeit schon Fotografie. Er sieht sich also in Gemälden, auf Fotos und in Statuen immer recht ähnlich.

Nach Antietam im November 2009 war das nun mein zweites Battlefield. Wie auch das Pendant in Maryland ist das Schlachtfeld in Gettysburg von vielen Monumenten übersäht.

Ich weiß nicht, woran es lag, aber irgendwie konnte ich mir die Schlacht in Antietam besser vorstellen, das Schlachtfeld ist irgendwie nachvollziehbarer als in Gettysburg (obwohl sie beide auf eine ähnliche Art konserviert worden sind). Das Museum ist in Pennsylvania deutlich besser, aber dennoch würde ich jemandem, der sich mit der Materie befassen würde, eher zu Maryland raten.

Die vom Museum ausgehändigte Karte gibt einen fahrbaren Rundkurs an und erklärt einige der Monumente. Bei den Kanonen sind sie ganz streng: Die sollen laut Augenzeugenberichten da aufgestellt worden sein, wo auch ursprünglich welche standen (ehrlich - welcher Soldat, der mit dem Leben davongekommen ist, kann sich erinnern, wo bei einer der vielen, vielen Schlachten, die er mitgemacht hat, eine Kanone gestanden hat?). Also war die Devise, die Dinge nicht zu bewegen - wären auch etwas schwer. Taugen somit auch nicht als Souvenir ;)

Der nächste Weg führte uns zum Hauptplatz, der bezeichnenderweise Lincoln Square heißt. So richtig amerikanische Kleinstadt halt.

Das rote Haus ganz rechts im Bild ist jenes von David Wills, der den Friedhof initiiert hat, zu dessen Eröffnung Lincoln seine berühmte Rede hielt. Hier übernachtete der Präsident vom 18. auf den 19.11.1863 und legte vermutlich noch letzte Hand an sein Werk.

Eine der Straßen, die vom Kreisverkehr wegführen - als letzte Impression, weil auch das für mich ein recht typischer Blick für die Innenstadt einer amerikanischen Kleinstadt ist.

Nach der ganzen Geschichtsdröhnung haben wir dann noch ein paar Präsidenten ausgegeben - im Outlet haben wir das Shopping nachgeholt, für das wir bis dahin eigentlich nicht wirklich Zeit gehabt hatten. Die Ausbeute war reichlich. Den letzten Abend auf amerikanischem Boden haben wir dann in einem italienischen Lokal genossen und versucht, weder an die monumentale Aufgabe des Umpackens noch an den 24 Stunden später erfolgenden Rückflug zu denken. Geschafft haben wir im Endeffekt dann doch alles ;)

Mittwoch, 27. Juli 2011

Reisebericht New Jersey - 02.04.2011

Rollen wir die Reise also von hinten auf, inspiriert von diesem Cartoon aus der Double Take Toons-Serie von NPR. Am letzten Tag der Reise, auf dem Weg von Gettysburg, PA, zurück zum Flughafen JFK in New York haben wir einen Zwischenstopp eingelegt:

Beim ehemaligen Labor eines der produktivsten Erfinders in den Vereinigten Staaten, Thomas Alva Edison. Ab 1886 bis zu seinem Tod hat er hier gewaltet und viele seiner über 1000 Patente erwirtschaftet. Heute vom National Park Service bewirtschaftet, sind Labor und Haus gegen einen geringen Obulus von 7$ zu besichtigen.

Ich habe bislang offen gestanden bei Edison immer nur an die Glühbirne gedacht. Erst hier habe ich entdeckt, was der Mann - unter Mithilfe eines großen Teams - alles auf die Beine gestellt hat. Unter anderem war er einer der ersten, der ein Stechkartensystem eingeführt hat, um die Zeiten der Mitarbeiter nachvollziehbar zu loggen. Bei genauer Betrachtung zeigt die Uhr zwei Zeigerpaare: ein physisches, das über das Uhrwerk gesteuert wird, und ein aufgemaltes, das mit 10 nach 7 jene Uhrzeit anzeigt, zu der Edison nach der Trauerfeier zum letzten Mal das Haus verlassen hat.

Die Bildqualität bitte ich zu entschuldigen - die Linse war dreckig und ich hab's nicht mitbekommen. Die Bilder möchte ich aber dennoch herzeigen. Eines der Herzstücke des Laborkomplexes ist die mehrstöckige Bibliothek von Edison. In diesem Raum habe ich mich sofort wohl gefühlt und wollte in den Regalen wühlen, mich mit einem Buch zurückziehen - der perfekte Ort für mich.

Neben Büchern zieren auch noch einige Kunstgegenstände und Erfindungen den Raum - so wie diese frühe Filmkamera. Wer hätte gedacht, dass der Mann beim Transport von Information sowohl beim Film als auch bei Musikwiedergabe als auch beim Telegraphen seine Finger im Spiel hatte?

Obwohl die viktorianische Scheußlichkeit, die Edison sein Heim nannte, nur wenige 100 m von seinem Labor entfernt war, hatte der große Erfinder ein Bett in seiner Bibliothek stehen. Wirkt sehr gemütlich - Schande über die Glaswand, die verhindert, dass Besucher das Feeling austesten ;)

Ein kleiner Blick in das Materiallager im Erdgeschoss. Gerüchteweise soll da alles vorrätig gewesen sein, außer dem Ohr eines Elefanten.

Besonders interessant fand ich die große Werkhalle im Erdgeschoss. Zweifelsohne wurde hier über die Jahre immer wieder modernisiert, aber der Antrieb über die an der Decke laufenden Riemen ist dennoch für Anfang 20. Jahrhundert ziemlich fortschrittlich. Es verwundert sicher keinen, dass Edison auch mit Henry Ford befreundet war.

Im ersten Stock findet sich eine ähnliche Halle. Während im Erdgeschoss grobe Arbeiten durchgeführt wurden, waren hier die Feinmechaniker zuhause. Das Bild im Vordergrund zeigt, wie es damals, als das Labor noch in Verwendung war, in dem Raum ausgesehen hat. Ich sehe da keinen großen Unterschied...

Ah, da haben wir sie, die berühmte Glühbirne. Nach ein bisschen Rumtricksen hab ich es sogar geschafft, dass die Glühwendel zu sehen ist. Irgendwie schon faszinierend, dass etwas, dass heute so selbstverständlich ist, noch gar nicht mal so alt ist. Übrigens hat Edison sie nicht erfunden, aber er hat das Konzept so weit verbessert, dass die Lichtspender auch praktisch einsetzbar wurden.

Der ganze Komplex ist ziemlich rustikal, weshalb mich die Existenz einer Damentoilette doch einigermaßen erstaunt hat. Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts waren weibliche Angestellte in der Industrie mit Sicherheit ziemlich selten.

Auch das Vorhandensein eines Musikraums hat mich im ersten Moment erstaunt, war dann aber durch Erfindungen im Bereich von Musikwiedergabe (wir reden von Platten, nicht von mp3-Playern *gg*) gut erklärlich. Das Schild am Eingang wies auch rigoros darauf hin, dass der Aufenthalt im Musikzimmer nur aus professionellen Gründen gestattet sei - verlustieren durfte man sich hier also nicht ;)

Die originalen Schilder erzeugen gemeinsam mit der Täfelung Nostalgie. Kaum vorzustellen, wie dieser Betrieb aussehen würde, wenn er 120 Jahre später entstanden wäre.

Auch bei der Fotokamera hatte Edison Ambitionen. Wenn ich mir ansehe, was für ein kleines Gerät heutzutage unzählige Bilder anfertigt, und wie die Bilder früher entstanden sind, bin ich für den Fortschritt extrem dankbar. Wenn ich mit dieser Art von Equipment reisen müsste, dann gäbe es wohl keine Bilder von mir...

Huch, was mutet hier so modernistisch an? Unter dem Dach ist ein Lagerbereich eingerichtet. In den beleuchteten Vitrinen links und rechts des Gangs sind museumsartig Gegenstände aus dem Labor und Erfindungen ausgestellt. Dahinter stapeln sich in Regalen unzählige Dinge, die sich im Lauf der Zeit angesammelt haben. Wer weiß, was für Schätze da noch lagern mögen.

Ein letzter Blick über den Hof des Laborkomplex - zu schade, dass die Zeitmaschine immer noch nicht erfunden ist. Zu gerne hätte ich diesen Ort in voller Blüte erlebt, den Erfindergeist gespürt. Ich glaube auch, dass Edison ein bemerkenswerter Mann war, auch wenn nicht jedes seiner Patente allein auf seinen Geist zurückgeht, sondern viele aus der Arbeit des Teams entstanden sind.

Mit einem Erlaubnisschein für die Einfahrt in die "gated community" und vielen Ermahnungen über das ordentliche Verhalten versehen, ging es weiter zum Heim des Erfinders - von mir nur "viktorianische Scheußlichkeit" genannt:

Puh, wer lässt sich sowas einfallen? Und interessanter noch: wer möchte hier leben? Edison hat das Haus 1886 für seine zweite Frau Mina gekauft und hier dann mit ihr und den drei gemeinsamen Kindern gelebt. Der Vorbesitzer hatte sich finanziell übernommen und Edison bekam das Haus zu einem sehr günstigen Preis inklusive der ganzen Möbel und Ausstattung. Laut unserem Guide hat er kaum Änderungen vorgenommen außer natürlich der Einleitung von elektrischem Strom.

Sehr faszinierend fand ich dieses große Buntglasfenster, das dem großzügig geschnittenen, aber dunklen Haus fast die Anmutung einer Kirche gibt. Klar, Geschmäcker sind unterschiedlich, von Person zu Person ebenso wie von der Epoche abhängig, aber ich habe mich doch wiederholt gefragt, wie man so leben möchte.

Nicht nur die Möbel, sondern auch die Teppiche, die Tapeten, die Böden - alles soll original sein, es hat laut Guide nie eine Renovierung stattgefunden, was ich in über 130 Jahren schier unfassbar finde. Die Felle, die am Boden rumliegen, befanden sich übrigens mal an lebenden Tieren - Artenschutz kam wie so viele Errungenschaften auch erst später.

Ok, die Edisons hatten Bedienstete, aber wenn ich mir vorstelle, was hier an Reinigungsaufwand dahintersteht...

Eine Orgel im Wohnzimmer? War damals scheinbar nicht unüblich. Die Gattin und die Tochter sollen das Instrument auch beherrscht und gespielt haben (ja, ich hab gefragt).

Der Master Bedroom, als das Schlafzimmer der Edisons. Sieht irgendwie größer aus als meine ganze Wohnung. Auch hier ist kaum zu glauben, dass die Tapeten original sind. Als kleine Fehlersucherin habe ich natürllich darauf geachtet, ob irgendwo Schäden feststellbar sind - bis auf etwas abblätternde Deckenfarbe im Dienstbotenbereich war für mein laienhaftes Auge nichts festzustellen.

Ein Badezimmer mit fließend Wasser war in den 1870ern, als das Haus entstand, noch nicht State of the Art. Umso interessanter ist die Nasskammer somit. Allerdings war das auch das einzige Bad für die Familie, die Bediensteten mussten sich mit geringeren sanitären Einrichtungen zufrieden geben.

Was soll dieses einsame Bild eines Heizkörpers? Eigentlich nicht so wirklich erwähnenswert, abgesehen davon, dass - ja, ich weiß - auch Heizung nicht Standard war. Und abgesehen davon, dass mir dieselben Wärmespender bereits im Labor aufgefallen sind. Entweder gab es damals nur eine Art von Heizkörper, oder auch die Heizung wurde von Edison nachgerüstet. Allerdings habe ich den Guide danach nicht mehr gefragt, den hatte ich eh so schon genug gelöchtert.

Die Waschküche - auch die war natürlich damals nicht Standard. Und sieht sie nicht so aus, als ob gleich jemand mit gestärkter Schürze und Häubchen reinhuschen würde, um sich um die Wäsche zu kümmern?

Den Abschluss bildet dieses Bild der Küche - der einzigen Kochstelle für den Haushalt. Für die Größe des Hauses war die Küche sehr klein bemessen, sie war vielleicht 20 Quadratmeter groß. Wie das alles funktioniert hat, wenn die Edisons Gäste hatten - keine Ahnung. Aber es schien möglich gewesen zu sein, sonst hätte der findige Hausherr sicher was geändert.

Das war nun unser Stop auf dem Weg zum Flughafen. Sehr interessant und lehrreich, ich habe einiges gelernt, das ich noch nicht wusste. Auch ein funktionstüchtiges Haus aus der Zeit zu sehen, war aufschlußreich. Wer mal einen New York-Besuch macht und Zeit "übrig" hat, um sich auf die andere Seite des Hudsons zu begeben, kann hier einen tollen halben Tag verbringen.