Montag, 14. Februar 2011

Reisebericht Washington DC - 6., 7., 8. und 23. November 2010

Nach einer Stippvisite im Nieselregen im November 2009 war ich nun ja schon zum zweiten Mal in der amerikanischen Hauptstadt. Dieses Mal war das Wetter besser und ich habe etwas größere Kreise gezogen. In diesem Bericht soll es auch mehr um einzelne Spotlights gehen, um gewisse Dinge, mir gefallen haben oder mir aufgefallen sind. Grundlagen hatten wir ja schon mal ;)

Der Namensstifter George Washington. Sein Pferd und er stehen auf dem Washington Circle (wenig verwunderlich) in - festhalten! *gg* - Georgetown.

Georgetown ist in meinen Augen architektonisch recht interessant, da ist recht viel Verzierung und Türmchen und sonstiges nettes Zeugs. Je länger ich da rumgewandert bin, desto mehr hat mich Washington an Paris erinnert. Ein sehr ernstes, diszipliniertes, humorloses Paris, aber es sind städteplanerisch und architektonisch durchaus Anleihen zu sehen.

Ja, bei Sonnenschein ist Washington DC schön. Sogar der Reflecting Pool vor dem Lincoln Memorial besann sich seiner Aufgae und spiegelte das Washington Monument. Sein Gegenstück vor dem Capitol hingegen hatte vergessen, dass es gefälligst ein Spiegelbild zurückzuwerfen hat. Allerdings habe ich davon ja schöne Nachtaufnahmen - ich will nicht unbescheiden sein.

Für November war das Wetter echt toll - und auch die Farben des verbliebenen Laubs an den Bäumen waren sehr schön. Einen der berühmten Indian Summer habe ich ja noch nicht mitbekommen, aber ich denke, das hier vermittelt zumindest einen Eindruck.

Das Capitol sollte ja eigentlich auf einem Hügel stehen, oder? Auch in DC bin ich der Fantasie aufgesessen, dass das Gelände eben ist. Hier sieht man, dass die Mall durchaus Höhen und Tiefen aufweist, sodass sogar das erhöht stehende Capitol sich nur schwer über den Horizont kämpft.

Das Vietnam Veterans Memorial. Da es sich so ins Gelände schmiegt, hat es irgendwie Bunkercharakter, finde ich. Es gibt nicht nur die Wand mit den Namen, sondern auch noch einige Statuen und sogar ein Denkmal für die Frauen - üblicherweise wird da nicht unterschieden.

Interessante Architektur kann man nicht nur in Georgetown, sondern auch in anderen Stadtteilen sehen, so wie hier unweit vom Weißen Haus an der Pennsylvania Avenue. Die witzige Stapelung hat es mir besonders angetan.

Die einzige Stadt, die ich bei dieser Reise von oben betrachtet habe, war Washington, sonst hat sich leider nichts ergeben, wo ich meiner Vorliebe für die Vogelperspektive frönen konnte. Hier bin ich im (Glocken)Turm des ehemaligen Postoffice an der Pennsylvania Avenue zwischen dem Weißen Haus und dem Capitol (im Bild). Der Eintritt ist frei (ebenso wie am Washington Monument), man steht zwar weniger hoch, kann dafür aber zwischen den Drahtseilen durchfotografieren und ist nicht hinter Glas gefangen - es hat also alles seine Vor- und Nachteile. Durch den anderen Standort entdeckt man auch Dinge, die man vom "Zahnstocher" aus nicht sehen kann - inklusive des Monuments selber ;)

Das FBI-Gebäude, ebenfalls Pennsylvania Avenue. Ich muss immer grinsen, wenn ich es sehe, und an den Audio-Kommentar von Emily Deschanel und David Boreanaz in Bones Staffel 1 denken - David, der den FBI-Agenten Booth spielt, wusste nicht, dass das das Gebäude ist, in dem er sein Büro haben sollte. Scheinbar sieht er sich das ausstrahlungsbereite Produkt dann nicht mehr an. Nachdem die Stars aber nicht in DC drehen sondern in LA, ist es nicht so schlimm.

Ja, und da haben wir das Washington Monument, mit dem Tidal Bassin und Alexandria, VA, im Hintergrund. Schön sind die elliptischen Wege rund um die höchste freistehende Struktur der USA zu sehen. Beim nächsten Besuch möchte ich da aber doch noch mal rauf - eventuell zur Dämmerung? Das gäbe sicher tolle Bilder *träum*

Das ist der Innenbereich des alten Postgebäudes. Die Halle ist lichtdurchflutet und zum Shoppen und Schlemmen gut geeignet. Durch die Überdachtung bekommt das alles ein besonderes Flair. Die Shops sind eher kleine Andenkenshops und ähnliches, es ist kein Einkaufszentrum. Aber für einen Kaffee zwischendurch und ein paar Souvenirs ist man gut beraten, hierher zu kommen.

Hinter dem FBI-Gebäude erstreckt sich diese Fassade, deren kunstvoll gestaltetes Türmchen "auf Wand" mich etwas amüsiert hat. Auch die anderen Gebäude sehen irgendwie mehr nach Filmkulisse aus.

Definitiv keine Kulisse ist das nahegelegene Ford's Theatre, wo Abraham Lincoln den letzten Abend seines Lebens verbracht hat und erschossen wurde. Das Theater war Anfang des 20. Jahrhunderts lange geschlossen, bis es in den 60er renoviert und als Teil eines Museums wiedereröffnet wurde. Die Loge, in der Lincoln getroffen wurde, ist weitgehend im Originalzustand erhalten, was doch etwas beklemmend wirkt. Das Theater wird an den Abenden bespielt, man kann also dort eine Aufführung genießen, wo auch Lincoln das vor bald 150 Jahren tat. Nicht nur, weil das Museum gratis zugänglich ist, sondern auch weil es eine tolle Aufbereitung von Lincolns Leben und den Umständen seines Todes zeigt, ist es einen Besuch wert. Wessen Ticket einen Zeitpunkt in ein oder zwei Stunden zeigt, kann einige Schritte weiter im Hard Rock Café die Zeit überbrücken oder im größten Souvenirshop der Stadt (vis a vis HRC) ein paar Mitbringsel kaufen.

Die Union Station, der ehemalige Vorzeigebahnhof der Hauptstadt, erfüllt auch heute noch den Transportzweck. Zusätzlich haben die meisten großen Autovermieter hier ein Büro und auf mehreren Ebenen kann man Kleinigkeiten shoppen und sich etwas für's leibliche Wohl besorgen. Der Bahnhof ist mir sehr sauber vorgekommen und ich hab mich - anders als sonst oft in großen Bahnhöfen - recht sicher gefühlt. Wegen des Überangebots an Essensverkäufern konnte ich mich nicht mal entscheiden - also hatte ich wohl keinen richtigen Hunger ;)

Das Capitol "von hinten", also der der Mall abgewandten Seite. Der Bau ist schon imposant und mit sehr vielen schönen Details ausgeführt. Der Hauptstadt einer Weltmacht mehr als würdig.

Zwischen dem Capitol und dem Supreme Court ist mir diese Straßenlampe mit dieser Fleur de Lis aufgefallen, die ich sehr hübsch fand. Generell ist alles rund um den Regierungsbereich schön gemacht und recht pompös. Wenn man sich mehr Zeit nehmen würde, fände man sicher noch vieles, das dem Auge gefällt.

Eines der vielen Gratis-Museen der Smithsonian Institution ist das Air and Space Museum an der Mall. Die Kollektion beherbergt sehr viel Fluggerät aus den verschiedensten Epochen und ist mit Sicherheit eine Art Himmel auf Erden für Aviationsenthusiasten. Mir hat am besten das Flugzeug der Gebrüder Wright gefallen, mit dem sie die ersten Flugversuche unternommen haben. Scheinbar ist der Rahmen original, nur die Bespannung ist neuzeitlich, da der Stoff nach über 100 Jahren natürlich in keinem guten Zustand mehr ist. Den Flugpionieren Wright ist ein ganzer Raum gewidmet, der sich auch ihrer Persönlichkeiten annimmt. Die Geschichte der Luft- und Raumfahrt wird in diesem ausgezeichneten Museum aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet und ist sehr gut aufbereitet - von meiner Seite sofort eine Empfehlung dafür.

Wenn man das Museum von der Mall her betritt, dann hat man eine funkelnde Glasfassade vor sich, die viel Licht für die in der hohen Halle aufgehängten Exponate einlässt. Wenn man es dann Richtung Constitution Avenue wieder verlässt, dann kommt man an diesem Kunstwerk vorbei. Nicht so schön wie meine Infinity und nicht drehbar gelagert, finde ich aber auch die hier interessant.

Wie auch Philadelphia hat Washington eine große Chinatown, die mit einem imposanten Tor auf sich hinweist. Diese Kreuzung hat übrigens eine Besonderheit (auf die ich nie gekommen wäre, wenn mir mein Bekannter T., der da in der Nähe arbeitet, mich nicht darauf hingewiesen hätte): Man darf hier unter bestimmten Voraussetzungen die Straße diagonal queren, deswegen die komischen rechten Winkel in der Mitte der Straße. Ich habs mal geschafft, da quer drüber zu gehen, ist schon ein recht seltsames Gefühl.

In anderen Chinatowns ist es mir nicht so aufgefallen, in DC ist scheinbar die chinesische Verwaltung sehr dahinter: Auf jedem Schild steht nicht nur der Firmenwortlaut, wie man ihn nun mal im Englischen kennt, sondern es muss auch eine chinesische Übersetzung drunter. Wer sich da nicht beugt, der kriegt Probleme. Trägt natürlich zum bunten, multinationalen Straßenbild bei, aber es ist schon komisch, wenn Starbucks, McDonald's, Vapiano (ja, gibts da auch!) und Zara auch auf asiatisch beschriftet sind.

Eventuell auch wegen dem Bestehen auf chinesische Beschriftung kommt mir diese Chinatown als die bunteste, lebhafteste vor, die ich kenne. Es könnte auch sein, dass sie davon profitiert, dass das Verizon Center (eine riesige Veranstaltungs-/Sporthalle) hier liegt. Und es gibt hier tolles Essen: Unter anderem war ich hier zum ersten Mal in meinem Leben burmesisch essen. War eine recht spannende Erfahrung und durchaus wohlschmeckend, wenn auch etwas ungewohnt für den europäischen Gaumen. Würde ich aber jederzeit wieder machen!

Die Multinationalität wird unter anderem vom German Heritage Museum unterstrichen, das ebenfalls in Chinatown liegt. Eigentlich hätte das bei meinem Besuch zu gehabt, aber wenn man Leute kennt, dann schaffen die es auch, einem eine persönliche Führung für ein eigentlich nicht geöffnetes Haus zu arrangieren - danke noch mal, T.! Gegen freiwillige Spende kann man sich hier die Geschichte der eingewanderten Deutschen zu Gemüte führen. Als eine Art Plus ist auch das Gebäude von einem Deutschen errichtet worden, was aber für den Kauf eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat. Das Museum steht in Kontakt mit verschiedenen Vereinen, die deutsches Kulturgut pflegen. Auch wenn man wegfährt, um sich mit anderen Kulturen vertraut zu machen, hat mir dieser kleine Ausflug gut gefallen.

Am Ende meines Aufenthalts stand das absolute Highlight: Am Tag vor meinem Abflug durfte ich ins Weiße Haus. Das ist gar nicht so einfach, da muss man bei der Botschaft ansuchen, wird dann zugelassen oder auch nicht, muss strenge Auflagen erfüllen, was man da alles mit reinnehmen darf und so weiter. Ich hatte mit eher wenig Hoffnung angesucht, aber das Glück war mir hold. Obwohl man im Endeffekt nicht viel sieht - den East-Wing und die Repräsentationsräume im Erdgeschoss - war es ein tolles Gefühl in diesem Gebäude zu sein, in dem bis auf zwei Präsidenten (Washington und Adams) alle gelebt haben. Es ist eigentlich ein extrem gut erhaltenes altes Haus, in dem "zufällig" auch schon jede Menge berühmte Menschen waren. Nach der Sicherheitskontrolle sind die Secret Service Agents, die an jeder Ecke stehen, sehr entspannt und gut informiert: Man darf ihnen Fragen stellen und sie nach zusätzlichen Infos löchern. Insgesamt war ich ca. eine halbe Stunde im Zuhause von Barack Obama, und ich hab jede Sekunde davon genossen. Leider (bzw. verständlicherweise) durfte man nicht fotografieren, weshalb ich dieses Bild von der Rückseite des Weißen Hauses, das ich bereits zwei Wochen vorher aufgenommen hatte, mal stellvertretend herzeige und als Aufhänger benutze ;) Außerdem war da das Wetter schöner :)

DC bekommt mich ja in 6 Wochen schon wieder zu sehen, und ich bin gespannt, wie ich die Stadt dieses Mal empfinden werde. Beim ersten Mal fand ich sie einfach nur hochernst und humorlos, habe ich auch entsprechend nicht unbedingt so wohl gefühlt. Beim zweiten Mal hatte ich mehr Zeit und mehr Wetterglück sowie einen Bekannten vor Ort, der in manche Dinge noch etwas Licht gebracht hat. Und beim nächsten Mal habe ich meine beste Freundin mit, die üblicherweise sehr positiv ist und der ich zutraue, viel Schönes zu entdecken. Ich werde irgendwann wieder berichten.