Plymouth ist ja auch einer jener Orte in den USA, die vom Namen her bekannt sind, von denen aber man nicht allzu viel weiß. Hier sind die Pilger gelandet, hier hat der Quasi-Adel der USA seinen Ursprung. Nicht nur geschichtlich, sondern auch vom Ortsbild her hat das Städtchen viel zu bieten. Deswegen habe meinen Bericht über Plymouth zweigeteilt: Jetzt zeige ich die großen Sehenswürdigkeiten, im zweiten Teil gibts dann ein paar Stadtansichten.
Damals, ja damals, als die Pilger angesegelt kamen, gabs das Schild noch nicht. die Armen wussten also quasi gar nicht, wo sie gelandet sind ;) Aber sie haben ihrem Ziel einfach den selben Namen gegeben wie der Stadt, aus der sie abgereist sind. Auch eine Art der Nomenklatur…
So wirklich historisch verbrieft ist dieser Stein nicht, aber er wird dennoch in Ehren gehalten, um an die Ankunft der Pilger zu erinnern.
Wofür der römisch angehauchte Pavillon überm Stein da ist, hat sich mir nicht ganz erschlossen – nass wird er vom Meerwasser, das ihn umspült, und der Regen wird die Erosion wohl nicht weiter vorantreiben. Aber er ist nun mal da ;) Und damit die Touristen auch gut hinkommen, gibt es statt eines normalen Zebrastreifens einen breiten grünen Streifen quer über die Straße. Rechter Hand von diesem Bau liegt nun der Nachbau der sagenumwobenen Mayflower:
Das originale Schiff ist gesunken, es existiert nicht mehr. In den 50ern wurde dann in England zur Vertiefung der englisch-amerikanischen Freundschaft das Projekt “Nachbau” in Angriff genommen. Das Schiff hat dann auch die Atlantik-Passage hinter sich gebracht, war also hochseetüchtig. Nun liegt es als eine Art Museum in Plymouth vor Anker.
Dieses Bild zeigt meiner Meinung nach am Besten, wie klein die Mayflower eigentlich ist. Ich hatte immer ein wesentlich größeres Schiff im Kopf, aber bereits mit einigen weiteren Besuchern sowie einer Schulklasse drauf war der Lade-/Lebensraum sowie das Deck gut gefüllt (ich hab wie immer abgewartet, um möglichst wenig Leute im Bild zu haben).
So sah es unter Deck aus. Nichts mit 1. Klasse oder so. In diesem engen ehemaligen Frachtraum, der mit einigen Brettern zum Wohnraum umfunktioniert wurde, haben 102 Passagiere 66 Tage Atlantik-Passage überstanden, sowie noch einen weiteren Winter gelebt, weil sie an Land noch keine Behausungen bauen konnten. Krankheiten haben über diesen ersten Winter die Hälfte der Menschen dahingerafft, Mord soll es keinen gegeben haben. Ich wär vermutlich durchgedreht….
An Privatsphäre war nicht zu denken – und das war noch eine der luxuriöseren Liegestatten! Zudem durften die Passagiere diesen Raum nicht verlassen, da sie an Deck den Seemännern im Weg gewesen wären, und bei unruhiger See auch Gefahren ausgesetzt gewesen wären.
Und so hat die Besatzung gehaust. Das waren noch mal 30 Mann. Allerdings befanden die sich im Schichtdienst und mussten sich die Hängematten zwar teilen, hatten aber insgesamt mehr Platz.
Irgendwie hab ich mich schon ein bisschen geschämt, als ich wieder von Bord ging, und mir vor Augen geführt habe, dass ich schon einen 12-stündigen Flug als ziemlich anstrengend fand, um über den Atlantik zu kommen. Ich wusste, dass diese Reise für die Pilger entbehrungsreich war, aber ich hatte mir kein Bild gemacht, wie es tatsächlich gewesen war. Es müssen beengte Zustände gewesen sein, Hygiene war sicher so gut wie unmöglich. Geheimnisse oder Privatsphäre konnte man sich abschminken. Ich frage mich, ob die Menschen, die sich immer auf ihre Vorfahren von der Mayflower beziehen, jemals auf dem Schiff waren. Ob die sich ein Bild davon machen, wie ihre Ahnen das geschafft haben. Die Pilger waren in Europa auch nicht unbedingt gelitten. Aus England waren sie zu der Zeit schon lange vertreiben, seit mehr als einer Generation lebten sie in Leiden in den Niederlanden. Auch dort waren sie nur geduldet. Irgendeinen Punkt muss ich verpasst haben, aber ich versteh irgendwie nicht, warum man auf diese Vorfahren so stolz ist…
Vor allem nicht, wenn man sich dann in weiterer Folge ansieht, wie sie die ersten Jahrzehnte gelebt haben. Das kann man nämlich auf der Plimouth-Plantation tun. Dort ist das ”Engländer-Dorf” ebenso nachgebildet wie eine damals typische Indianersiedung. In Werkstätten wird gezeigt, wie damals Holz bearbeitet wurde oder Tonkrüge hergestellt. Es ist alles sehr interessant gemacht, und gibt gute Einblicke in das damalige Leben. Aber wie hart und entbehrungsreich muss das gewesen sein? Sicher waren die Pilger nicht verwöhnt gewesen, aber in Europa dürften sie doch noch etwas besser gelebt haben:
Nicht nur wegen des Wetters wirkt es hier in meinen Augen irgendwie trostlos und grau.
Die Hütten waren teilweise sehr klein, haben aber ganze Familien beherbergt.
An Privatsphäre war auch hier kaum zu denken. Ich kann mir das damalige Leben wirklich nicht vorstellen, nicht mit den Maßstäben, die ich heute habe. Das zeigt vermutlich nur, wie verwöhnt ich bin. Aber trotzdem…
Vom “Dorfhaus”, dem Versammlungsort und Verteidigungsort, aus kann man die Siedlung überblicken und sieht bis zum Meer. Irgendwie kommt aus dem Bild nicht wirklich raus, wie steil es da ist, ich schätze den Höhenunterschied auf locker 100 m.
Apropos Verteidigung… Im Nachhinein tut es mir leid, dass ich mir die Kanonen nicht näher angesehen habe, somit weiß ich nicht, ob sie funktionstüchtig sind oder nicht. Andererseits hätte ich es wohl nicht wirklich herausfinden können, Kriegsgerät ist nicht unbedingt mein Fachgebiet ;)
Man kann nicht nur in den Werkstätten die damalige Handwerkskunst nachvollziehen, sondern auch am Gelände, wo gerade ein weiteres Haus entsteht. Zusätzlich sind auch “Schauspieler” in den Häusern, die vom damaligen Leben erzählen. Sie sind stilgerecht gekleidet und haben auch entsprechende Frisuren und Bärte. Grad für Schulklassen ist das eine tolle Sache. Diese Schauspieler gab es übrigens auch auf der Mayflower, die beiden Sehenswürdigkeiten gehören zusammen.
Hier noch ein kleiner Blick auf das Indianerdorf. Das ist viel kleiner als das Engländer-Dorf, was scheinbar auch den damaligen Gegebenheiten entspricht. Hier waren übrigens keine Schauspieler unterwegs, sondern Menschen mit indianischem Ursprung, die über ihr tatsächliches Leben erzählt haben. Es wurde auch mehrfach darauf hingewiesen, dass man diese bitte nicht mit Stereotypen konfrontieren möge, sondern höflich mit ihnen umgehen soll. Insgesamt wurde mit dem Indianer-Thema generell sehr sensibel umgegangen, auch im Ausstellungsteil.
Natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen, den Hinweis auf “moderne Technologie”, den ich da gefunden habe, auch zu dokumentieren ;) Ansonsten hats aber wirklich echt gewirkt, ich war beeindruckt. Überhaupt gibts in den USA recht viele Sehenswürdigkeiten, die einen in frühere Zeiten zurückversetzen – das würde ich mir hierzulande auch öfter mal wünschen.