Freitag, 11. Juni 2010

Über "PARIS-Spaziergänge" von Hella Broerken

In meinem gestrigen Kommentar zu meiner geplanten Paris-Reise hat Lisa bezüglich des erwähnten Buches "PARIS-Spaziergänge" von Hella Broerken nachgefragt. Da ich zwischenzeitlich die Möglichkeit hatte, es zu lesen, kann ich mittlerweile auch eine Einschätzung abgeben. Allerdings mit dem Hinweis darauf, dass ich mich noch in keinen Paris-Reiseführer vertieft habe, und somit die Qualität und Tauglichkeit nur anhand meiner bisherigen Erfahrungen mit anderen Werken dieser Art abgleichen kann. Nach meinem Paris-Besuch werde ich gewisse Dinge vielleicht anders sehen, wer weiß...

Fangen wir mit dem an, was mir immer hilft, Dinge zu erfassen: Zahlen, Daten und Fakten.
Nominell besteht das Buch aus 160 Seiten. Davon sind einige Seiten dem üblichen Vorgeplänkel gewidmet samt Impressum und Inhaltsangabe, eine geht fürs Nachwort "drauf". Ca. 4 Seiten sind für Notizen freigehalten, etwa 3 Seiten werden von insgesamt 8 Info-Kästen gefüllt, in denen Angaben zu Museen, Läden, Restaurants oder Literaturtipps stehen. 8 Seiten werden von Kartenausschnitten eingenommen, und auf 43 Seiten vermitteln Schwarz-Weiß-Fotos einen Eindruck von der Atmosphäre. Wer jetzt angefangen hat zu rechnen kommt gemeinsam mit mir auf 92 Seiten Text.

In diesem Text erzählt Hella Broerken, die leidenschaftliche Paris-Touristin ist, von ihren Erlebnissen und Eindrücken. Im Gegensatz zum klassischen, möglichst objektiv gehaltenen Reiseführer, der vornehmlich versucht informativ zu sein, schildert dieses Büchlein Impressionen abseits des Mainstream-Tourismus und gibt Einblicke in das savoir-vivre der französischen Hauptstadt. Wer die klassischen Stationen Eiffelturm, Notre Dame, Louvre, Moulin Rouge und Versaille abklappern will, hat hiermit keine Freude. Angesprochen fühlen dürften sich Individualtouristen, die nicht einfach nur eine Liste abklappern wollen, sondern die Stadt für sich entdecken möchten. Vor allem auf das bunte Treiben in kleinen Gassen und auf Märkten wird Wert gelegt, eine Gewichtung scheint auch bei den Besonderheiten der vielen verschiedenen Ethnien vorhanden zu sein.

Die Karten sind auf keinen Fall alleine für sich tauglich. Sie sind jeweils Ausschnitte des jeweiligen Arrondissements (Bezirks), und nur die Straßen, die von der Autorin für den Spaziergang empfohlen werden, sind auch beschriftet. Eine Übersichtskarte ist nicht vorhanden. Ich vermute, dass das seine Gründe in der Übersichtlichkeit einerseits und in Copyright-Fragen andererseits hat. Dennoch wirken die Karten übermäßig simplifiziert und amateurhaft gemacht, was völlig fehlt ist ein Maßstab. Ein Stadtplan ist in meinen Augen Grundvoraussetzung, um dieses Buch richtig gut nutzen zu können. Die Autorin verweist auf den kostenlosen Metro-Plan, den man beim Erwerb von Tickets bekommen kann - der ist auf alle Fälle bitter nötig. Die Autorin gibt weder Streckenlänge noch veranschlagte Zeit bekannt, letzteres mit dem Argument, dass ja jeder sein eigenes Tempo beim Erleben hat. Da stimme ich ihr zu, aber aufgrund des nicht vorhandenen Maßstabs für die Karten wäre zumindest eine Angabe in Kilometern interessant, sodass man für sich selber planen kann.

Die Bilder zeigen eher selten große Attraktionen, sondern beschäftigen sich eher mit lokalen Eigenheiten. Schade ist, dass sie nicht in Farbe sind, was aber der Produktionsweise des Buches geschuldet ist. Auch scheinen manche davon schon älter zu sein (was man ja aus Reiseführern generell auch kennt). Charmant finde ich, dass sie wie typische Schnappschüsse aussehen, nicht irgendwie gekünstelt. Auf alle Fälle machen sie Lust darauf, mehr zu entdecken.

Der Text ist an sich flüssig geschrieben und gibt kleine Anekdoten wieder. Es werden neben persönlichen Erlebnissen auch Geschichten aus längst vergangenen Tagen erzählt, die man so auch nicht überall zu hören/lesen bekommt. Schade finde ich, dass sich die Autorin zwei oder drei Mal wiederholt, dabei aber nicht wirklich dasselbe erzählt, sondern leicht abweicht. Und das Lektorat könnte besser sein - neben einigen Wortwiederholungen sind mir auch falsch gesetzte Zeichen und fehlende Abstände aufgefallen.

Auf ihrer Webseite zeigt die Autorin noch mehr Bilder, gibt eine Leseprobe und liefert Updates zu den Fakten, die sie im Buch beschreibt - zum Beispiel werden zur Zeit geschlossene Museen aufgeführt. Man kann das Buch dort auch bestellen.

Wie bewerte ich das Buch nun? Um 14 Euro bekommt man mit Sicherheit informativere Reiseführer, die als Basis und nicht nur als Ergänzung für die Planung dienen können. Für jemanden, der die Stadt schon kennt, oder der nicht ausschließlich ausgetretene Pfade beschreiten will, ist es aber definitiv trotz der kleinen Fehler das Geld wert. Und wo kriegt man schon eine ortskundige Freundin um 14 Euro? ;)