Tja, hier bin ich nun in Braintree, MA, ein paar Meilen südlich von Boston. Diesen Ort habe ich mir ausgesucht, weil er gut an den Interstates liegt und ich von hier aus zu allen meinen Zielen in der Gegend gut komme. Hier gibt es ein nettes Motel – und ein solches brauch ich, weil ich ja mein Auto auch parken muss. Da hab ich in Boston auf die Schnelle nichts gefunden. Und ja, ich gebs zu, ich hab mich auch für diesen Ort entschieden, weil mir der Name gut gefällt Da entsteht vor meinem inneren Auge ein Bild von einem Baum, an dem Gehirne wachsen. Und immer, wenn jemand was Blödes sagt oder tut, kann man ihm hier ein Ersatzhirn pflücken :D Mein Traum würde wahr, die Welt würde immer intelligenter (ok. vorausgesetzt, die Ersatzhirne sind besser als die ersetzten). Und den Satz “Herr, lass Hirn vom Himmel regnen” könnte man umwandeln in “Herr, lass es Erntezeit sein”.
Ok, genug von diesem Wortspiel, ab zum nächsten. Gebucht hatte ich ja einen Kleinwagen, die kleinste in den USA erhältliche Größe, nämlich ECAR (Economy, Zweitürer, Automatik, Klimaanlage – für die, die wissen möchten, was das Kürzel heißt). Als mir dann bei Alamo für 6 Dollar pro Tag ein Upgrade angeboten wurde, habe ich zugegriffen. Allerdings dachte ich, dass ich auf IDAR (Intermediate = Mittelklasse, ca. VW Jetta, Skoda Octavia) aufgebessert wurde. Tatsächlich ist der Nissan Maxima, der mich transportiert, ein PDAR, also ein Premium-Fahrzeug, also Mercedes C-Klasse oder ähnlich. Ok, von der Ausstattung her kann Cecilia circa gleich viel, aber Platz gibts im Nissan natürlich einiges mehr. Mitteleuropäischen Ansprüchen genügt die Innenraumanmutung klarerweise nicht, aber das ist vermutlich auch ein Grund, warum dieses Modell bei uns nicht erhältlich ist. Die Amis sind auf alle Fälle glücklich damit, gemessen am Anteil im Verkehr, auch wenn man den Maxima etwas seltener sieht als den überall vertretenen Toyota Camry. Besonders viel Spaß hab ich mit dem Keyless Entry and Go, das meinem Auto ja leider fehlt. Ja, Autos sind Spielzeuge für mich…
Und wie das Auto so dasteht, ganz in schwarz, mit kräftigen Flanken, muskulös-sinnlich geschwungener Motorhaube und scharf geschnittenen Scheinwerfern, braucht es einen männlichen Namen. Der ist naheliegend, wenn man sich ansieht, was Nissan ihm mit auf den Weg gegeben hat. Drum heißt “mein Brüller” jetzt Max, mit englischer Aussprache also MÄX. Brüller deshalb, weil die 6-Gang-Automatik beim Kickdown 2 Gänge runterschaltet und der Motor sich ganz schön bemerkbar macht. Und wir kommen gut miteinander aus: ich behandle ihn netter als die Mieter vor mir und er tut, was ich sage. Trotz fehlender Parkpiepser klappt auch das Parken gut. Die Befürchtung, die ich eigentlich als passionierte Schaltwagenfahrerin hatte, nämlich, dass ich mit der Automatik kämpfen werde, hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil, ich find das eigentlich ziemlich komfortabel – ein Ding weniger, an das ich denken muss. Es ist sonst noch genug, auf das ich achten muss, vor allem, weil die Spiegel ganz anders reflektieren als ich es gewohnt bin. Und das produziert einen riesigen toten Winkel, in dem auch einer von den hier üblichen Pick-up-Trucks verschwindet. Also heißt es schauen, schauen, schauen.
Das Navi (leider extern) hat anfangs gezickt: Das wollte sich einfach nicht aus der 40th Street in Manhattan wegbewegen, auch als ich lang schon in New Jersey war… Aber mit einem Reset konnte ich dem Ding Manieren beibringen, und jetzt kommen wir aus, auch wenn ich es etwas minderqualifziert finde im Vergleich zu den Navis, die ich bislang hatte. Aber nicht nur nobody sondern auch nothing is perfect…
Über die in meinen Augen atemberaubend spektakuläre Washington-Bridge gings dann auf die I95 Richtung Nord-Osten. Da begann das Abenteuer “discovering parts of the United States by rental car” dann erst wirklich Spaß zu machen. Erst fühlte es sich zwar etwas unwirklich an, so wie es Dinge oft tun, die man lange schon tun wollte, aber dann stellte sich ein unglaubliches inneres Hü-Hüof-Gefühl ein, eine Art Perpetuum-mobile-Flummy (Ich bitte um den Einsatz von Fantasie, ein besserer Vergleich fällt mir grad nicht ein). Schade nur, dass ich nicht fahren und fotografieren gleichzeitig kann, denn die Eindrücke entlang der Strecke wären durchaus dokumentierenswert. Aber “you can’t always get what you want”, und ich hab ja schon so viel bekommen, da mach ich an der Stelle (fast) gern Abstriche.
EDIT: Ich hab mir grad die Spezifikationen angesehen... Da werkelt ein 3.5 l-V6 mit 290 HP (keine Ahnung, wie man die in PS transformiert, aber auf alle Fälle: VIEL KRAFT). Da muss ich ja direkt dankbar sein, dass ich bis zu 32 Meilen (1,609 km) aus einer Gallone (3,785 l) hole - sind ca. 7,5 l/100 km. Im Moment halte ich bei ca. 27 MPG, was immer noch über dem angegebenen Verbrauch (26 MPG auf der Autobahn) liegt, und ca. 8,7 l bedeutet. Braver MÄX, und das, obwohl er gestern mit mir im Stau stehen musste. Boston halt...