Montag, 21. Juni 2010

Kanada - Bruchstücke

Bei den angekündigten Berichten fehlt noch jener mit den Beobachtungen, die ich im Verlauf der Reise so gemacht habe. Dazu habe ich mir mein Moleskine-Reisetagebuch zur Hand genommen und ein wenig gestöbert - was natürlich jede Menge Erinnerungen geweckt hat.

An die Radiosender zum Beispiel. Kanada ist ein Land mit sehr vielen lokalen Radiostationen. Das hat (wen wundert's?) Vor- und Nachteile. Sehr positiv sehe ich, dass man damit lokale Eigenheiten mitbekommt, Werbung aus der Region hört, auf Dinge in der Gegend aufmerksam gemacht wird. Nachteilig wirkt sich das aber aus, wenn man weitere Strecken mit dem Auto fährt. Dann verliert man schon nach wenigen Kilometern den Sender, der grad was Interessantes gespielt hat. Selbst CBC-Radio, das scheinbar landesweit ausgestrahlt wird, läuft auf lokalen Frequenzen. Da unterbricht dann die Reportage mittendrin, und bis man den Sender wiedergefunden hat im Wust des Angebots, ist der spannende Teil oft schon vorbei. CBC ist aber echt toll, sowas hätte ich hier gerne: Einen Sender, der viele Reportagen und Interviews bringt, der sich mit Themen auf unterschiedlichste Weise auseinandersetzt. Die Leute, die mitdiskutieren sitzen in den Bezirksstudios, sehen einander oft nicht mal. Kaum zu glauben: Die Beiträge sind oft so spannend, dass die Musik fast wie ein Störfaktor wirkt ;)

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Die Werbungen sind auch teilweise recht nett. Wer amerikanische Filme und Serien im Originalton kennt, vermutet dann und wann seinen Ohren nicht wirklich zu trauen. Tatsächlich ist es aber so, wie dort beschrieben - oder noch enthusiastischer, speziell, wenn es um lokale Unternehmen geht. Eigentlich fast schon eine Kunstform. Eine wohl überregional ausgestrahlte Werbung forderte einen auf, eine Hand zu heben, wenn man sich für einen sicheren Fahrer hält. Und die andere Hand, wenn man gerne bei den Versicherungsprämien spart. Unweigerlich kommt die mahnende Stimme: "Aber haben sie nicht grad gesagt, dass Sie ein sicherer Fahrer sind?". Ich gestehe, damit hatte ich nicht gerechnet. Und nachdem Humor sich ja zum guten Teil aus dem Unerwarteten schöpft, musste ich dabei ziemlich lachen.

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Für die Lebensmittelläden konnte ich mich in Kanada eher wenig begeistern. Metro war ok, oder Loblaw's, aber WalMart war eine Katastrophe. Da gabs nicht mal frisches Obst und Gemüse, von Snacks zum Mitnehmen oder ähnichem ganz zu schweigen. Da sind die Amis wesentlich besser. Auch die Produktvielfalt lässt in Kanada eher zu wünschen übrig. Meine Lieblingsprodukte wie Zimtzuckerl, Honey-Mustard-Pringles oder Peanutbutter M&M's gab gar nicht erst, viele andere Dinge waren nur in kleiner Auswahl vorhanden, selbst in den großen Märkten. Das fand ich durchaus etwas seltsam. Klar, in Österreich kriegt man auch weniger als in Deutschland, aber das ist doch immer noch Nordamerika!

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Auch in anderer Hinsicht ist Kanada viel europäischer als die USA - bei der Freundlichkeit. Generell bezeichne ich Kanada ja als europäischer als die USA, aber deutlich amerikanischer als Europa. Nicht nur, was die Mentalität angeht, sondern auch, was die Bauweise betrifft, gewisse Einrichtungen und vieles andere mehr. So ein bisschen USA-light. Ist für mich prinzipiell total ok, aber doch recht wenig erfreulich, wenn es um den menschlichen Umgang geht - die Freundlichkeit in den USA habe ich sehr zu schätzen gelernt. Die Kanadier donnern einem irgendwie ein Brett vor den Kopf. Nun ja, man lernt mit allem zu leben ;)

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Kaffee. Das ist in Nordamerika ohnehin so ein Ding... Der von Dunkin Donuts geht und bietet ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Nur: Er ist zwar in den USA an jedem Eck, in Kanada aber gar nicht erhältlich. Das Äquivalent scheint Tim Horton's zu sein. Das Gebräu ist aber nun wirklich nicht trinkbar. Den Becher habe ich in hohem Bogen in den Müll befördert. Ansonsten scheint die Coffee-to-go-Kultur in Kanada etwas weniger verbreitet zu sein als in den USA, aber es gibt immer noch mehr als genug Möglichkeiten für den koffeinhungrigen Menschen, sich einzudecken. Nur der Anspruch darf halt nicht zu hoch sein...

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Reisefreudig scheinen sie zu sein, die Crazy Canaks. Mehrfach habe ich mir gedacht "Mensch, das Auto fährt doch viel zu nah auf den Wohnwagen auf!". Tatsächlich nehmen die Kanadier ihr Auto mit dem Wohnwagen mit - es wird mit eine Stange angehängt und rollte dann hinter dem Mobile Home her. Für mich doch ein recht seltsamer Anblick, da ich sowas hier nur umgekehrt kenne: Auto vorn, mobiles Zuhause hinten ;)

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Museen scheinen generell einen hohen Stellenwert zu haben: sie sind liebevoll gestaltet, didaktisch gut aufbereitet und dort trifft man die freundlichsten Leute. Natürlich sind sie auch entsprechend teuer, aber dennoch macht es wirklich Spaß, sich in Kanada in die Museen zu begeben. Ich glaube, im Endeffekt hat mir das am Besten von allem gefallen.