Beim Zusammentragen der Bilder und Daten ist mir aufgefallen, dass die letzten beiden Reiseberichte gemeinsam mit diesem hier und dem nächsten eine Zeitreise bilden - mit jedem Posting bewegen wir uns ein bisschen weiter zurück sowohl in Annettes und meinem Urlaub als auch in der Zeit, in der die Sehenswürdigkeiten entstanden sind.
Edisons Labor gab es ab 1886, Gettysburg entstand 1786 und die Ereignisse, die es berühmt gemacht haben, fanden 1863 statt.
Dieser Bericht führt uns nach Monticello, dem Landsitz von Thomas Jefferson, den dieser ab 1772 nach eigenen Plänen erbauen ließ. Der Name kommt vom Italienischen für "kleiner Berg", was sehr passend ist, da das Haus auf einer Hügelkuppe steht und einen wunderbaren Ausblick bietet.
Jefferson (1743-1826) ist eine jener schillernden Figuren in der Geschichte amerikanischer Präsidenten, die mich immer wieder verwundert zurücklassen. Er war nicht nur ein großartiger Politiker, Gouveneur, Botschafter, Verfasser der Unabhängigkeitserklärung, sondern er hat auch die Universität von Virginia gegründet, war ein begeisterter Landwirt, hat viele Dinge erfunden und weiterentwickelt, war ein belesener Gelehrter und vieles mehr. Eigentlich könnte man fast vermuten, dass das nur durch Anstrengung mehrerer Männer unter einem Namen gelingen könnte - was auch die Unterschiede in den Porträts und Büsten erklären würde ;)
Nachdem beim Visitors Center der Eintritt bezahlt wurde, bekommt man eine Zeit für die Tour zugewiesen. Damit auch alle pünktlich sind und niemandem auf dem Weg zur Hügelkuppe die Puste ausgeht, wird man die paar 100 Meter mit einem Bus hochgefahren. Ein Hurra auf die Amerikaner! ;) Der erste Blick auf den berühmten Präsidentenwohnsitz erhascht man dann auch, während man in der Schlange steht. Sieht jetzt noch nicht sooo beeindruckend aus, auch wenn die 350-Jahr-Feier bald ins Haus steht. Nun, die Tour sollte diese Ansicht bald grade rücken.
Der Haupteingang. Was auffällt: keine feste Tür, alles verglast. Ungewöhnlich. Aber das ist noch nicht das Herausragendste: in der Mitte ist ein dunkler Fleck zu sehen - eine Kompassrose. Was die da macht? Sie zeigt, was für ein genialer Kopf Jefferson war: Damit er bei Wind und Wetter nicht bis nach draußen treten musste, hatte er den Wetterhahn auf dem Dach mit einer Welle zu besagter Kompassrose verbunden, sodass er aus seiner Vorhalle einen Blick auf die Windrichtung erhaschen konnte. Auch interessant ist die Uhr, die sich über dem Haupteingang befindet. Sie bildet das Gegenstück zu einer, die auf der Innenseite angebracht ist, beide werden vom selben Uhrwerk angetrieben. Zudem war damit eine Art Kalender verbunden - Kugeln, die sich von der Decke bis in den Keller bewegte und dabei die Wochentage anzeigte.
Leider war wie so oft das Fotografieren im Inneren untersagt, was aber auch verständlich ist. Deswegen kann ich nur Erzählungen bieten und auf die Webseite verweisen, wo man sich die öffentlich zugänglichen Räume ansehen kann. Die Eingangshalle hat es mir besonders angetan. Hier kam jeder Gast durch und konnte sich die kleine museumsartige Ausstellung ansehen, die Jefferson entsprechend seiner Interessen zusammengetragen hatte. Mit Sicherheit eine Sache, die einem sonst nigends geboten wurde. Das Haus ist durchgängig mit Dingen möbliert, die Jefferson gehört haben. Besonders hat es davon profitiert, dass der Nachbesitzer Uriah Levy ein großer Bewunderer von Jefferson war und seine persönlichen Mittel dafür aufgewandt hat, es wieder instand zu setzen. Im Bürgerkrieg wurde es aquiriert, fiel aber wieder an die Familie Levy zurück, die es 1923 an eine Organisation verkaufte, die das Haus schließlich öffentlich zugänglich machte.
Eines der besonderen Merkmale des Haupthauses dürfte der achteckige Aufbau sein, der nachträglich hinzugefügt wurde. Bemerkenswert ist die großflächige Verwendung von Glas, einem damals ungemein teuren, seltenen Werkstoff. Ein Teil davon ist noch original, gut zu erkennen an den Fließmustern, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben.
Von der Weite erschließt sich das ganze Ausmaß des Baus: Das Haupthaus wird flankiert von zwei Terrassen, die beide von einem kleinen Häuschen abgeschlossen werden. In dem rechter Hand hat Jefferson mit seiner Frau zwei Jahre lang gewohnt, während das Haupthaus in Bau war. Im linken wurde später eine Art Büro eingerichtet.
Die Terrassen dienten aber nicht nur dazu, sich draußen zu verlustieren oder um zu den Häuschen zu gelangen. Tatsächlich deckten sie einfach die Dienstbotentrakte ab. Hier war alles zu finden, was so einen großen Haushalt am Laufen hielt: Küche, Eishaus, Lagerräume, Werkstätten. Eine Besonderheit des Designs war, dass die Sklaven ihre Arbeit so trockenen Fußes und Hauptes erledigen konnten. Allerdings hat Jefferson auch den Nachteil seiner Konstruktion zu spüren bekommen, als - wie damals häufig - die Küche in Brand geriet und das gesamte Anwesen drohte abzubrennen.
Auch die Ställe waren unter einer der Terrassen angelegt. Obwohl hier nur etwa ein Drittel zu sehen ist, finde ich die Stallfläche vergleichsweise klein. Vermutlich wurden aber Nutztiere woanders gehalten, und dieser Bereich war wohl hauptsächlich der Unterstellung von Pferden gewidmet, die damals ja das einzige Fortbewegungsmittel waren.
Das Haus war gesamt unterkellert, mit Türen, die sich abschließen ließen. Des Nachts konnten die Sklaven also nicht ins Haus. Auch wurden die wertvollen Dinge im Keller gelagert, wie Lebensmittel und Getränke. Was das nun mit diesem Bild zu tun hat? Nun, wir stehen hier direkt unter der Eingangshalle und finden aufgrund einer Ungenauigkeit bei der Berechnung des Uhrenkalenders den letzten Wochentag hier im Keller - die anderen 6 sind in der Halle zu sehen.
Ausgrabungen auf dem Gelände haben einige ehemalige Strukturen zum Vorschein gebracht. Die Sklaven lebten in unmittelbarer Nähe zum Haupthaus in kleinen Hütten. Sie hatten kleine Gärten, in denen sie selber Dinge anpflanzen durften und bei Bedarf auch an Jeffersons Haushalt verkaufen konnten. Wie von jedem Präsidenten, der Sklaven hatte, wird auch von Jefferson behauptet, dass er diese gut behandelt hat. Selbst wenn die Erklärungen eventuell etwas geschönt wurden, kann ich mir durchaus vorstellen, dass man es als Sklave schlimmer hätte erwischen können.
Diese Beete gehörten zur Plantage und werden heute noch teils bewirtschaftet. Man kann im Andenkenshop auch Samen kaufen von Pflanzen, die ursprünglich hier gezüchtet oder gekreuzt wurden. Das kleine Gebäude im Hintergrund war ein Rückzugsort für Jefferson, wo er diverse Schreibarbeiten erledigt haben sollte und den Ausblick auf die Blue Ridge Mountains genossen hat.
Auf dem Gelände liegt auch ein Friedhof. Neben Jefferson liegen hier alle legitimen Nachkommen bestattet (also nicht jene Kinder, die er gemeinsam mit einer Sklavin gezeugt haben sollte). Der ehemalige Präsident selber hat bestimmt, welche seiner Meriten auf dem Grabobelisken zu lesen sein sollten: Autor der Unabhängigkeitserklärung, Autor der Statuten für Religionsfreiheit in Virginia und Vater der Universität von Virginia. Interessant zu sehen, was er selber für seine größten Erfolge zu halten schien.
Im Besucherzentrum wartete dann noch eine umfangreiche Ausstellung auf uns, wo vor allem das Leben und Wirken des großen Mannes beschrieben wurde. Unter anderem war auch dieses Modell des Hauses zu betrachten, wie es in einer früheren Variante mal ausgesehen hat. Den zweiten Stock hat Jefferson dann abtragen und durch den achteckigen Raum ersetzen lassen. Damit wirkt das ganze Gebäude in meinen Augen auch wesentlich harmonischer.
Nach umfangreicher Bewunderung und vielen Aha-Momenten haben wir Monticello wieder verlassen, um den zweiten Tagespunkt in Angriff zu nehmen. Als Fan der Katzenkrimis von Rita Mae Brown wollte Annette das Städtchen Crozet besuchen, wo die Bücher spielen. Auch wenn die Autorin angibt, dass sie sich hauptsächlich den Namen ausgeborgt hat, ist es doch interessant zu sehne, wo sie ihre Inspiration hernimmt. In diesem Fall war ich die Fahrerin, die Bilder sind also von Annette. Ich habe mir zwei ausgesucht, die für mich "small town America" ganz nett einfangen:
Das hier dürfte so ungefähr "Downtown" sein. Ein richtig verschlafenes kleines Nest, im besten Sinne des Wortes. Große Supermärkte, Fast-Food-Ketten, die typische Prägung, die der Kommerz kleinen Städten laut meiner Erfahrung aufdrückt - das alles findet man hier nicht. Und ja, wir haben hier Sight-Driving gemacht. Das Wetter war nicht so prickelnd und überhaupt ist alles ein bisschen verstreut.
Nett fand ich diesen Hardware Store - eines jener Lädchen, wo man so ziemlich alles bekommen sollte, was handwerklich notwendig ist. Der hier steht an einer Art Hauptplatz, wo mehrere Geschäfte nebeneinander stehen, darunter eine altmodische Pharmacy und ein China-Restaurant. Es war doch ganz nett, mal einen Ort zu sehen, der nicht gänzlich von den großen Ketten dominiert wird. Ein bisschen hat mich das Ganze an Lynchburg erinnert, wobei das mit Sicherheit auch aus touristischen Gründen "original" ist.
Outlander 7.9: Powerful Separations
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