ACHTUNG: Dieser Beitrag ist unbezahlte, aber nichts desto trotz enthusiastische Werbung für das Deutsche Museum Verkehrszentrum in München! Für mich als begeisterte Museumsbesucherin war klar, dass ich mir auch in München etwas ansehen werde. T., der den Tag mit mir verbracht hat, hatte zwar prinzipiell Mitbestimmungsrecht, hat meine Ideen aber einfach abgenickt. Obwohl Autos nicht so sein Ding sind, hat er's mit den Fahrzeugen, meiner Begeisterung und meinem Redefluss scheinbar recht gut ausgehalten - danke noch mal :)
Als erster Blickfang, wenn man das Museum betritt, präsentiert sich dieser auffällig lackierte Alfa 6C aus 1931. Er gehörte einem italienischen Rennfahrer, der das Fahrzeug noch im selben Jahr mit einem Motorschaden an einen deutschen Ingenieur verkauft hat. Dieser setzte nicht nur die Technik wieder instand, sondern hat dem Fahrzeug auch die stromlinienförmige Karosserie angedeihen lassen, die damals grade in Mode kam. Mir gefällt vor allem die lange Motorhaube, auch wenn ich es mir recht schwierig vorstelle, so ein Fahrzeug zu lenken. Von Servo war ja damals auch noch nicht wirklich die Rede...
Selbiges noch mal von hinten. Strategisch ist das Ding wirklich gut positioniert, denn es zeigt direkt auf den museumseigenen Shop ;) Leider nicht zu sehen - die Persenning, unter der ein wohl eher behelfsmäßiges Dach verstaut sein dürfte. Und im Innenraum ging es zu zweit doch recht kuschelig zu. Durch den niedrigen Schwerpunkt war das Fahrzeug sicher sportlicher als so manches andere in der Zwischenkriegszeit, aber ich kann mir den Koloss schwerlich als wendig und flink vorstellen...
Diese Aufstellung soll wohl eine Rennstrecke simulieren - zumindest im Gang unter den Fahrzeugen wird einem was über Autorennen erzählt. Die Kollektion, die da steht, ist sehr interessant und reicht vom weißen Messerschmitt ganz vorne unten und dem dahinterstehenden Auto Union Typ C von 1936 über ein BMW-Motorrad von 1935 und einen Mercedes SLR aus den 50ern bis hin zum Mercedes Velo von 1898 (oben, ganz hinten) und Herrenhochrädern (darunter). Eine veritable Sammlung von unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln - genauso wie das ganze Museum Mobilität aus den verschiedensten Richtungen beleuchtet.
Von einer Art Steg, die über die Ausstellungsstücke führt, hat man einen besseren Blick auf die ganz rechts stehende Fahrzeuge als auf dem obigen Bild. Hier schön zu erkennen ist der stromlinienförmige Audi Typ C von 1914, auch bekannt als "Alpensieger". Dieses Exemplar trägt am Heck den aufgemalten Namen "Anneliese". Wie man sich auf so einem Hochrad würdevoll und unfallfrei fortbewegen konnte, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Nachdem wir heute sowas aber nicht mehr haben, gehe ich davon aus, dass es einen Grund dafür gibt ;)
Wann das Auto erfunden wurde, wissen die meisten (1886, Carl Benz). Doch wie ist das mit den Lastwagen? Das weiß ich auch nicht (und möcht's auch grad nicht recherchieren), aber bereits 1903 rollte dieses Vehikel über die deutschen Straßen, hergestellt von der H. Büssing Specialfabrik für Motorlastwagen aus Braunschweig. Dieses Exemplar ist der älteste erhaltene Laster Deutschlands. Wenn wir ihn näher inspizieren, fallen uns Holzfelgen unter den Vollgummireifen auf, der Radnabenantrieb, die freiliegende Technik. Mit 9 PS war das Ding bis zu 15 km/h schnell und konnte mit 3 Tonnen Nutzlast fast das Eigengewicht (3450 kg) transportieren. Ok, das klingt für heute etwas armselig, aber damals war es ein Riesenfortschritt gegenüber Pferdefuhrwerken.
Der Protos, mit dem das deutsche Team am längsten Autorennen der Welt teilnahm. Nach Paris-Peking schrieb die französische Tageszeitung "Le Matin" 1908 diesen Bewerb aus. Sechs Teams aus vier Ländern nahmen teil. Die Route führte ab Times Square via Chicago und San Francisco durch die USA und Kanada, von da aus durch das Russische Zarenreich (ja, so hieß das damals noch) und über Berlin in die französische Hauptstadt. Gefahren wurden ca. 35000 Kilometer je teilnehmdem Fahrzeug. DAS waren noch richtige Abenteuer, dagegen fallen 3-wöchige Mietwagentouren in einem klimatisierten Leihwagen, etwas mehr als 100 Jahre später, komplett ab ;)
Das wirklich Schöne an diesem Museum ist für mich, dass es keinen tatsächlichen Schwerpunkt hat. Ja, die Deutschen sind überproportional vertreten, wen wundert's? Aber es sind Fortbewegungsmittel aus aller Welt ausgestellt. Nein, damit will ich diesem Fahrzeug nicht den Automobil-Status absprechen, obwohl so ein Tata Nano für hiesige Verhältnisse nur schwer als legitimes Auto durchgeht. Die winzigen Reifchen, die Karosse mit wenig Knautschzone und die auch in der vorgestellten Luxusausführung extrem spartanische Ausstattung lassen den verwöhnten Mitteleuropäer eher den Kopf schütteln. Andererseits ist man darin wohl immer noch sicherer unterwegs als man es in einem überwiegenden Teil der anderen ausgestellten Fahrzeuge wäre.
Als wir Halle II betraten, habe ich mal tief Luft geholt und glückselig von mir gegeben "Hach, hier riecht es nach Auto". Tatsächlich roch es wohl eher nach diversen Schmiermitteln, aber ich verbinde damit nun mal Aut0s. Das erste Ausstellungsstück in dieser Halle ist dann auch die hier abgebildete Zahnradbahn, deren Kontruktion ich sehr interessant finde. Während Halle III, in der der Besuch beginnt, hauptsächlich das Automobil, seine Entwicklung, Sicherheitsaspekte und Autorennen beleuchtet, ist Halle II ein buntes Sammelsurium. An einer Art Bahnsteig stehen links und rechts Schienenfahrzeuge und Waggons, auf einer Seite sind Kutschen, Fahrräder und Reisebedarf ausgestellt, ein Abschnitt widmet sich sogar dem mittelalterlichen Reisen zu Fuß und zu Pferd. An erdgebundenen Reisemethoden ist hier also so ziemlich alles abgedeckt - irgendwo sind sogar einige Sportgeräte wie Ski und Schlittschuhe ausgestellt.
Da haben wir das eine Ende des "Bahnsteigs", mit einer alten Lok (Dampf? Kohle? Kein Plan, nicht mein Interessensgebiet) im Vordergrund und einem ICE dahinter. Noch weiter hinten streckt ein Reisebus seine flache Schnauze raus, neben ihm steht- hier unsichtbar - eine "Göttin" in limonengrün (Citroen DS, die DS). Nicht nur Schienenfahrzeuge sondern auch Signalanlage runden diesen Bereich der Ausstellung ab.
Pink Cadillac! Ohne einen solchen hätte doch wirklich was gefehlt, oder? Dieses Heckflossenexemplar aus dem Jahr 1959 steht im extrem krassen Gegensatz zum Fiat Multipla, dem kleinen Auto in zwei Blautönen hinten links im Bild, der im selben Jahr gebaut wurde. Der Fiat, eine Sondervariante des 600, war einer der ersten Minivans - geht mir nur bis zum Kinn und ich hab den Eindruck, sowohl Länge als auch Breite quasi mit meinen Armen abmessen zu können. 325 PS stehen hier 24,5 gegenüber, beim Hubraum ist der Ami 10fach überlegen. Ja, hier liegen Welten dazwischen, der atlantische Ozean ist nicht genug. Und doch ist beiden gemein, dass sie ihre Passagiere von A nach B gebracht haben.
Während der Amerikaner seinen Cadillac am Parkplatz eines Motels abgestellt hat, ist der Deutsche in seinen kleinen Wohnanhänger gekrochen, der ebenso eine Übernachtungsmöglichkeit bot. Ja, ich zeig das Bild vor allem wegen der Spiegelung her (Bild ist selber noch mal gespiegelt, damit man das Wort in der Scheibe lesen kann). Ausnahmsweise kam mir meine eher geringe Körpergröße hier zugute, wäre ich größer, hätte ich gar nicht gesehen, dass sich die Deko hinter dem rosaroten Giganten im Fenster des Eis bricht. Für den Rest bin ich dann auf die Knie und hab mich wie eine Schneekönigin gefreut, dass mir das untergekommen ist.
Hmm, eine gar seltsame Art, so ein Auto zu packen, oder? Nun ja, das was da am Heck hängt, ist weder Ladung noch Gepäck, sondern ein Holzgasgenerator. Während des zweiten Weltkriegs waren die knappen Bestände an Treibstoff dem Militär vorbehalten, was Autofahrer zu seltsamen Methoden greifen ließ. Holzgasanlagen wurden bereis im ersten Weltkrieg erprobt und erlebten zwei Jahrzehnte später eine Wiederauferstehung. Allerdings war das Ganze sehr mühsam: ca. 3 kg Holz ersetzten je nach Brennwert einen Liter Benzin. Der Wirkungsgrad war schlecht und verbesserte sich durch die Ladung von großen Mengen Holz kein bisschen. Das Fahrzeug ist übrigens ein Adler 3 GS, dessen 3-l-Sechsylinder mit Gas ca. 36 PS leistete und etwa 70 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichte. (Mensch, in dem Museum lernt man wirklich was - das war mir auch nur am Rande ein Begriff)
Der Tatra Typ 87 von 1940 fiel mir als erstes wegen seines seltsamen Hecks ins Auge, von vorne konnte ich dann auch nicht umhin, die drei Frontleuchten zu bewundern, die der ungeliebte Tucker erst einige Jahre später zeigte. Tatra war mit dem Auto auch um einiges erfolgreicher als die Amerikaner mit ihrem. Der damals extrem niedrige cw-Wert von 0,36 half dem 72-PS-Motor (3l V8) die respektable Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h zu erreichen. Wir erinnern uns: Damals waren die Autobahnen erst im Entstehen... Hinter dem Auto stehen Zapfsäulen aus verschiedenen Epochen der Geschichte. Amerika ist eventuell doch nicht so kompliziert in der Hinsicht, wie ich dachte *gg*
Ein Zeuge aus längst vergangenen Tagen, eine Marke, die keiner mehr kennt. Als Kühler wirklich noch welche waren und Spanngurte für Dächer nicht von der Zulassungskommission abgelehnt wurden, als Startkurbeln noch üblich und rechts eingebaute Lenkräder noch ok waren - da war Autofahren auch noch richtig gefährlich. 1909 galt das Fahrzeug mit 12 PS und den damit erzielbaren 50 km/h aber ein vorzüglicher Reisewagen. Als ich durch diese Ausstellung geschlendert bin und mir vor Augen gehalten habe, wie lange ich mit früheren Mitteln für die Bewältigung der 450 Kilometer zwischen Wien und München gebraucht hätte - zu Fuß, zu Pferd, in der Kutsche, mit frühen Automobilen ohne hochrangiges Straßennetz, dafür aber mit ungenauen Karten - habe ich mich sehr, sehr glücklich geschätzt, dass Cecilia nur ein paar Schritte wegstand und problemlos jede Aufgabe erfüllt, die ich ihr zumute.
Ok, noch eine Spiegelung. Sowas muss halt sein. Ist ja immerhin quasi ein Bild von mir. Fast ;) Auf alle Fälle habe ich mich sehr gefreut als ich erkannt habe, was ich eigentlich in dem alten Kerzenhalter einer Kutsche zu sehen bekomme. Wie die wohl mit solchen Funzeln ihren Weg gefunden haben (meine Vermutung ist ja "gar nicht", aber die könnte Xenon-beeinflusst sein).
Vor diesem Gefährt stand ich dann doch eine Minute oder zwei und dachte mir "Was ist das?". Ok, es ist relativ leicht als eine Art von Fahrrad zu erkennen. Tatsächlich ist es sogar ein "Sicherheitsfahrrad". Ok, die Umsturzgefahr mag im Vergleich zu den damals wohl recht beliebten Hochrädern geringer gewesen sein, aber sicher? Sorry, ich sehe hier nicht wirklich was von sicher. Wenn da eine Speiche bricht und den Körper trifft, dann kann man sein Leben gleich im Straßengraben aushauchen. Aber spannend und interessant, was nicht so alles erfunden wird, wenn das 19. Jahrhundert lang ist. Und ich denke, es war lang...
Das Herzstück der Museumssammlung befindet sich in Halle I - eine Verkehrssimulation. Diese Art der Präsentation ist mir noch nicht untergekommen und ich finde sie sehr erfrischend. Verschiedenste Fahrzeuge sind hier so aufgereiht, als ob sie an einer Kreuzung warten würden. Der kleine Grüne am linken Rand zum Beispiel ist ein Käfer Taxi aus Mexico. Daneben steht einer von den Wellblech-Peugeots (J5?), die mittlerweile komplett aus dem Straßenbild verschwunden sind. Irgendwo schwirrt eine Borgward Isabella rum, direkt neben einem Steyr Baby und einem Renault R4 von 1964. Ein "Polizist" regelt den Verkehr, über allem schwebt ein Rettungshubschrauber des ADAC. Die Fahrzeuge mögen etwas älter sein als der Durchschnitt auf der Straße und geregelt wird heute mit Lichtzeichen, aber hier spielt doch tatsächlich das Leben. Ok, statisch. Aber jeden Moment könnt's losgehen!
Dieser imposante Wagen, bei dem mein Hirn "Duesenberg!" schrie, ist tatsächlich ein Austro Daimler ADR von 1928. Dank der Beschreibung dieses Autos weiß ich jetzt auch, dass der Linksverkehr in Österreich erst 1929 beschlossen und in den 30ern dann umgesetzt wurde. Dieses Auto ist also noch ein Rechtslenker. Außerdem ist es eines der letzten in Österreich entwickelten Modelle - 1934 wurde die Österreichische Daimler Motoren AG geschlossen.
Und zum krönenden Abschluss mein liebstes Exponat der ganzen Ausstellung- ein Rumpler Tropfenwagen von 1922 (!!). Mit einem cw-Wert von nur 0,28 war er lange Zeit das strömungsgünstigste Fahrzeug überhaupt. Ok, die Form konnte eventuell nicht so ganz überzeugen, der Nutzwert war etwas geringer als in den damals üblichen, von Kutschen abgeleiteten Kastenformen, aber die Idee und die Umsetzung sind für mich optisch einfach gelungen. Das der Konstrukteur aus dem Flugzeugbau stammt, verwundert spätestens angesichts der kleinen "Flügel" kein bisschen mehr, oder?
Und weil das Ding so spannend ist, von links und rechts gleich noch einmal. Eine moderne Adaption des Konzepts wurde heute noch sehr futuristisch wirken, der Nutzwert ist eingeschränkt - zwar können fünf Leute im Innenraum Platz nehmen, das Gepäck muss dann aber daheim bleiben. Neben den praktischen Erwägungen machten vor allem die technischen Probleme dem Konstrukteur zu schaffen: die Lenkung war flattrig, der Motor hatte Kühlungsprobleme und verbrauchte trotz der günstigen Form Unmengen an Sprit. All diese Gründe haben dazu geführt, dass das Fahrzeug ein kommerzieller Misserfolg war, nur etwa 100 Stück davon wurden gebaut. Innovationen wie die ersten in einem Automobil verbauten gewölbten Scheiben - dahin. Einige Exemplare wurden im Ufa-Film "Metropolis" verbrannt, anderen, die in Berlin als Taxis unterwegs waren, wohl irgendwann verschrottet, der Krieg muss das Übrige dazu getan haben: Die Exemplare in München und Berlin sind die einzigen, die noch existieren dürften. Zu schade. Aber wie so oft hat sich hier gezeigt, dass aus einer großartigen Idee nicht unbedingt auch etwas Großes werden muss.
Ich hoffe, es hat jemand ähnlich viel Gefallen an diesem kleinen Rundgang gefunden wie ich sowohl vor Ort als auch beim Durchstöbern der Bilder und Schreiben des Beitrags. Wer sich für Autos interessiert und mal in München vorbeikommt - die 6 Euro lohnen sich, man bekommt so viel spannende, interessante, wissenswerte Dinge zu sehen. Ich werd mich da sicher auch mal wieder einfinden und dann bei meinen bevorzugten Modellen in die Tiefe gehen.